Profondo rosso - Die Farbe des Todes

Morde alla italiana

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Die Gialli von Dario Argento gehören zu den Highlights des italienischen Subgenres. Er hat im Lauf seiner Karriere einige erschaffen, aber mit Profondo Rosso aus dem Jahr 1975 hat er ein Meisterwerk abgeliefert, das weit über allen anderen Filmen des Genres thront. Nun gibt es eine neue DVD, die gut geworden ist, aber einen kleinen Schönheitsfehler besitzt: Es fehlen knapp 15 Sekunden Film.
Der Musiker Marcus Daly (David Hemmings) beobachtet einen Mord und meldet dies der Polizei. Er wird das Gefühl nicht los, dass etwas im Appartement des Opfers fehlt, aber er kann nicht bestimmen, was es ist. Mit Hilfe einer Journalistin sucht er nach dem Mörder, doch jede neue Spur, der das Duo folgt, endet in einem neuen Mord.

Profondo Rosso - Die Farbe des Todes ist ein Giallo-Höhepunkt, in dem Argento mit einem seiner liebsten Themen spielt: der Frage nach der Wahrnehmung. In Argentos Filmen ist selten alles so, wie es scheint. Manches sieht man, aber erkennt es nicht. So geht es dem Protagonisten, aber auch dem Zuschauer, denn die komplex gestaltete Geschichte ist spannend und mitreißend zugleich, anhand der Hinweise lässt sich die Identität des Killers aber nicht einfach erraten.

Ein wenig verliert Argento seine Geschichte immer wieder aus den Augen, nämlich dann, wenn er mit der Kamera spielt und den Film ins Expressionistische abgleiten lässt. Die Geschichte erinnert an Argentos Erstling Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe, sind doch die Helden beider Streifen Künstler, die einen Mord gesehen und etwas Wichtiges bemerkt haben, das ihnen aber erst später klar wird.

Formal gesehen ist Profondo Rosso jedoch ein gigantischer Sprung, der Argento in eine eigene Liga befördert. Der Regisseur legt bei diesem Film mehr Wert auf Fühlen und Erleben als auf Erkennen und Verstehen. Die Kraft der Bilder wird von der delirierenden Musik Goblins unterstützt.

Die neue DVD von Infopictures verfügt nur über die Synchronisation, weist dafür aber gutes Bild und guten Ton auf. Aus lizenzrechtlichen Gründen – der österreichische Auswerter des Films wünscht natürlich keine kostengünstige Uncut-Variante zum eigenen hochpreisigen Produkt – gibt es Profondo Rosso nur in gekürzter Form. Allerdings hat man hier nur Gewaltspitzen etwas gestutzt. Das wiederum so gut, dass es nicht weiter auffällt, wenn man den Film nicht kennt. Zwar mag es eine Prinzipienfrage sein, keine gekürzten Filme anzusehen, aber mit weniger als 15 Sekunden bei neun Schnitten ist dies im Bereich des Tolerablen. Immerhin zeichnen sich die Werke von Dario Argento durch mehr als nur ein paar Splatter-Momente aus.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/profondo-rosso-die-farbe-des-todes