The Nines

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Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Wer bin ich - und wenn ja wie viele? lautet der Titel des wohl bekanntesten Buches von Richard David Precht. Ein Slogan, der nicht nur den Zeitgeist haargenau auf den Punkt bringt, sondern der zugleich auch als Motto über John Augusts Film The Nines – Dein Leben ist nur ein Spiel stehen könnte, der nun nach fünf Jahren erstmals in Deutschland auf DVD erscheint. Obwohl der Film das Spielfilmdebüt von August ist, ist der in der Branche kein ganz Unbekannter – nur hat er sich bislang vor allem als Drehbuchautor hervorgetan. John August ist seit einiger Zeit so etwas wie der Stammautor von Tim Burton und verfasste die Scripts zu Filmen wie Big Fish – Der Zauber, der ein Leben zur Legende macht (2003), Charlie und die Schokoladenfabrik und Corpse Bride – Hochzeit mit einer Leiche (beide 2005). Außerdem hat John August auch das Drehbuch zu Burtons neuestem Streich Frankenweenie verfasst, dem Fans des Regisseurs mit großer Vorfreude entgegenfiebern.
Augusts eigene Regiearbeit basiert (selbstverständlich) auf einem selbstverfassten Script und betrachtet man den Film zur Gänze, ist schnell klar, dass die Stärken nicht auf Seiten der Inszenierung, sondern vielmehr bei der Story liegen. Die besteht aus drei Episoden, die aber miteinander verknüpft sind und zudem die gleichen drei Darsteller in unterschiedlichen Rollen versammeln. In der ersten der drei Geschichten wird der heruntergekommene TV-Star Gary (Ryan Reynolds) nach dem angeblich versehentlichen Abfackeln seines Anwesens unter Hausarrest gestellt und in der Villa eines Drehbuchautors untergebracht, der sich gerade für einige Zeit im Ausland befindet. Seine PR-Agentin Margaret (Melissa McCarthy) soll ihm dabei auf die Finger schauen. Außerdem ist da noch Garys neue Nachbarin Sarah (Hope Davis), die den gut aussehenden Mann ziemlich unverschämt anmacht. Trotz des Arrestes nicht die schlechteste Situation, in der Gary sich befindet – wäre da nicht das unbestimmte Gefühl, dass er nicht allein im Haus ist. Und was bedeutet die handgeschriebene Notiz "Achte auf die Neunen!", die offensichtlich von ihm selbst stammt, an die er sich aber nicht erinnern kann? Die Lösung der Rätsel und Geheimnisse wird sich aber erst im Verlauf der beiden weiteren Episoden enthüllen.

Um den Film nicht seines Clous zu berauben, verbietet es sich, allzu viel vom weiteren Verlauf der Geschichte zu erzählen. Nur so viel als Hinweis: The Nines – Dein Leben ist nur ein Spiel (im Original in Anlehnung an David Finchers Se7en gerne mal The Nin9s geschrieben) erinnert ein wenig an die Mindfucks eines David Lynch, an Christopher Nolans Memento oder James Mangolds Identität / Identity, ohne dass der Film die Güte der genannten Vorbilder erreichen kann. Dies liegt allerdings weniger an der souveränen Verflechtung der verschiedenen Handlungsstränge als vielmehr an der recht schmal und beinahe schon etwas enttäuschenden Auflösung des vorher so sorgsam ausgearbeiteten Durcheinanders, das John August durchaus gekonnt angerichtet hat.

Schade ist angesichts des unbestreitbar enormen Potenzials, das das Drehbuch besitzt, vor allem die dürftige formale Umsetzung des Ganzen. Zwar erweisen sich viele vermeintliche Fehler als durchaus gewollte Stilmittel, die das Reality-TV und die teilweise sehr dokumentarisch wirkenden Interviewsequenzen als geschickt eingebautes Pseudo-Making-of imitieren. Andererseits aber sieht man bei einigen Sequenzen auch deutlich die Beschränkungen der finanziellen Mittel, die wenigen sichtbaren Special Effects haben beinahe schon (unfreiwllige) Trash-Qualitäten. Auch Ryan Reynolds zeigt in diesem Film vor allem seinen unzweifelhaft gut gebauten Oberkörper; dass er neben diesen oberflächlichen Vorzügen auch ein begnadeter Darsteller mit dem Drang zu höheren Weihen ist, diesen Nachweis bleibt er hingegen schuldig.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/the-nines