Frankreich Privat: Die sexuellen Geheimnisse einer Familie

Die unerträgliche Langeweile des Seins

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Der Titel weckt Erwartungen, die Frankreich Privat – Die sexuellen Geheimnisse einer Familie gar nicht erfüllen kann. Denn obschon in der ungekürzten Fassung (Vorsicht: Es gibt auch eine, die um sechs Minuten erleichtert wurde) der Geschlechtsakt recht unverblümt in den Fokus gerückt wird, kommt keine Stimmung auf. Bei Familie Bertrand ist das Leben in Ordnung. Aber das ändert sich, als der jüngste Sohn beim Onanieren in der Schule erwischt wird: Das Tabu-Thema Sex drängt damit in der Familie in den Vordergrund. Mutter Claire schlägt ihrer Familie vor, mit der eigenen Sexualität offen umzugehen und mehr über sich selbst herauszufinden. Schon bald beginnt jedes Familienmitglied, die eigenen Vorlieben immer mehr auszuleben.
Die Mixtur aus Drama und Komödie verzichtet auf echte Konflikte. Aber ohne Konflikt gibt es auch keine interessante Erzählung. Stattdessen ergeht sich der Film in dem Versuch, die Realität abzubilden, scheitert aber schon daran, dass die Mitglieder der Familie durchweg gut aussehend sind. Leider haben sie an anderer Stelle ein deutliches Defizit: Sie sind unglaublich langweilige Menschen. Und zwar derart langweilig, dass es noch nicht mal aufregend ist, ihnen beim Sex zuzusehen. Dabei sollte ein Film wie dieser wenigstens in der horizontalen Szenerie punkten können, wenn schon die übrige Erzählung mit der Behäbigkeit einer Schnecke daherkommt.

Vor allem leidet Frankreich Privat – Die sexuellen Geheimnisse einer Familie daran, dass sich alle Figuren einig sind. Es ist wie eine große Portion Friede, Freude, Eierkuchen – niemand pflaumt den anderen an, keiner findet etwas, das der Kritik wert wäre, im Grunde unterstützt man sich bis zur Selbstaufgabe. Das geht dem Pseudo-Doku-Ambiente des Films zuwider, denn eine solche Bilderbuchfamilie sucht man im wahren Leben wohl vergebens. Als wäre das noch nicht genug, ist das handlungsvorantreibende Element nichts anderes als ein filmisches Klischee, das in Coming-of-Age-Stoffen bis zum Erbrechen durchexerziert wurde. Was die junge Hauptfigur, den Sohn, betrifft, ist eben doch nur eines ganz, ganz wichtig: Endlich mal einen wegstecken zu können.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/frankreich-privat-die-sexuellen-geheimnisse-einer-familie