Warriors of the Rainbow: Seediq Bale

Taiwanesische Lektionen

Eine Filmkritik von Patrick Wellinski

Wir schreiben das Jahr 1930: Taiwan steht schon seit fast 50 Jahren unter japanischer Vorherrschaft. Die Besetzer unterdrücken die vielen Stämme der indigenen Bevölkerung, so wie es vor ihnen über mehrere Jahrhunderte auch schon die Europäer und Chinesen gemacht haben. Doch die Japaner gehen besonders grausam vor. Sie roden die Wälder, die für viele Stämme die traditionellen Territorien abgrenzen und als Jagd- und Lebensorte dienen. Die Japaner schicken sie in Schulen, lehren sie den Buddhismus und verlangen von ihnen, ihre Übermacht zu akzeptieren. Im Zuge dieser aufgezwungenen Zivilisierung verlieren die Stämme ihre traditionelle Lebensweise.
Nach dem ein japanischer Offizier einen Krieger des Seediq-Stammes während einer Hochzeit beleidigt und erniedrigt, sieht der einstige Anführer und Krieger Mahung Mona (Landy Wen) die Zeit für gekommen, um sich an den Besatzern zu rächen und die Japaner von ihrer heiligen Erde zu vertreiben. Dafür versammelt er 300 Männer aus verschiedenen Stämmen, die ihre gegenseitigen Rivalitäten für den Kampf gegen die Japaner beiseitelegen.

Das Massaker an den Japanern, das die indigenen Krieger anrichten, ist in die Geschichtsbücher als Wushe-Zwischenfall eingegangen und wird genauso vom Regisseur Te-Sheng Wie in seinem Film Warriors of the Rainbow: Seediq Bale bebildert. Der Regisseur inszeniert den Aufstand als 150-minütiges Kriegsepos, mit Kämpfen und kriegerischen Auseinandersetzungen, die sich rein technisch ohne weiteres mit ähnlichen Filmen aus Hollywood oder Europa messen lassen können. Zudem bleibt der Film stark an den Konventionen dieses Genres haften. Er verfügt über das übliche Personal: Der heroische Anführer, der sich erst überzeugen lassen muss; der gute Besatzer, der übergelaufene und assimilierte Indogene, Dialoge und Monologe über Ehre, Verrat, Vaterland, Territorium und Aufopferung. In dieser Hinsicht kann man nicht gerade behaupten, dass Warriors of the Rainbow: Seediq Bale sich einer asiatischen Ästhetik verschrieben hat. Das von John Woo mitproduzierte Epos zielt offensichtlich auf eine internationale Vermarktung und verzichtete daher auf alles Sperrige oder Unzugängliche.

Der Zuschauer erhält eine zweieinhalbstündige Geschichtslektion, die er entweder etwas angestrengt aber interessiert zu Kenntnis nimmt, oder einfach nur als Actionkino goutieren kann. Hier geht es nicht um eine ästhetische Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte. Hier geht es eher darum, die eigene Geschichte in ein Bewusstsein außerhalb des asiatischen Raumes zu transportieren. Das hoch problematische geopolitische Schicksal Taiwans ist nur den wenigsten bewusst. Dabei ist die Souveränitätsfrage Taiwans noch lange nicht geklärt und sorgt auf dem Parkett der internationalen Politik immer wieder für Streitigkeiten.

Welchen Stellenwert dieser Film für das asiatische Publikum haben wird, ob die japanischen Ressentiments nicht eher geschürt werden und die Position Chinas nicht allzu positiv dargestellt wird, das vermag ein westlicher Zuschauer gar nicht einzuschätzen. Das muss er auch nicht. Allerdings lässt sich daher auch nicht von der Hand weisen, dass der Film jenseits seiner offenkundig politischen Absichten, nur wenig Innovatives aufzuweisen hat. Das Geschichtskino - als Faktenvermittlung und Bebilderung heroischer Taten - will dies aber auch gar nicht leisten.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/warriors-of-the-rainbow-seediq-bale