The Greatest Movie Ever Sold

Wie man einen Film (und seine Seele) verkauft

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Dokumentarfilme von Morgan Spurlock bestehen meist aus einer sehr großen Portion Eigenvermarktung des Machers selbst. Man muss ihn und seine Art schon mögen, um seine Filme zu ertragen. Gleiches könnte man natürlich auch von Michael Moore sagen. Nachdem der notorische Spaßvogel in Super Size Me einen zwischen Humor und Horror schwankenden Dokumentarfilm über die amerikanische Fast Food Industrie gemacht hat, kümmert sich Spurlock dieses Mal um das Thema Produktplatzierung (oder "neudeutsch" Product Placement) im Film.
Und wie könnte man besser auf die Schwemme an Produktplatzierung, die die immer weiter verwischenden Grenzen zwischen Kunst und Kommerz hinweisen, als einen Film machen, der komplett durch eben diesen Mechanismus finanziert wird? Die typisch Spurlocksche Zweideutigkeit kommt auch hier zum Tragen. Der Regisseur begibt sich auf die Suche nach Investoren für seine Dokumentation über "Product Placement", die bereit wären diese wiederum durch Produktplatzierungen zu finanzieren. Ein heikles Unterfangen vor allem für die involvierten Unternehmen, denn einerseits gibt es wohl keine bessere Werbung (und nach diesem Film wird jeder Zuschauer wissen wer "Pom Wonderful" ist und was sie produzieren), gleichzeitig besteht aber auch eine massive Gefahr für das Image der Firmen. Doch Spurlock, und das ist das Essentielle an diesem Film, ist nicht darauf aus, diese Art von Werbung zu verdammen und in Grund und Boden zu treten. Viel mehr begibt er sich auf eine, zum Teil immens lustige, zum Teil recht verwirrende Reise, ins Innere der Werbeindustrie.

Warum überhaupt Produkte in einem Film unterbringen? Diese Frage und die schiere Verzweiflung auf Seiten der Werber und der Konsumenten zeigt der Filmemacher an einem beeindruckenden Beispiel: São Paulo. In der Millionenmetropole ist Außenwerbung jeglicher Art strikt verboten. Das Ergebnis: zufriedenere, weniger gestresste Bürger, eine Stadt, in der nachts nicht Millionen Leuchtreklamen blinken und vor allem eine Rückkehr zur besten und ältesten Marketingstrategie der Welt: Mundpropaganda. Und erst beim Blick auf die werbeentleerte Stadt wird einem klar, dass Werbung jeglicher Art inzwischen in jedem noch so alltäglichen Winkel unseres Lebens angekommen ist. Es gibt nichts, was nicht Werbung beinhaltet. Warum sollten Firmen also nicht die Suggestivkraft des Mediums Film nutzen? Welche Möglichkeit haben sie noch in einem Markt aufzufallen, der so massiv überflutet ist? Natürlich ist es Spurlock möglich seinen Film ausreichend zu finanzieren. Doch auch die Ebene der Filmemacher, die sich täglich der Übergriffe von Investoren erwehren müssen, um ihre kreative Entscheidungsfreiheit zu behalten, wird beleuchtet. Über den schmalen Grat zwischen Geld und Kunst verhandelt Spurlock mit mehreren Regisseuren, unter anderem Quentin Tarantino, der lamentiert, dass niemand seine frühen Filme unterstützen wollte.

Und hier ist auch die Krux der Dokumentation angesiedelt. Denn natürlich hat auch Spurlock das Problem: bleibt er kreativ eigenständig und wenn ja wie, bei den Knebelverträgen seiner neuen Investoren oder wird er zum "Sell Out"? Die Lösung dieses Problems ist – wie der ganze Film – vielschichtig und überaus humorvoll. Diese Herangehensweise und die immerwährende Doppeldeutigkeit machen The Greatest Movie Ever Sold zu einem aufklärerischen Kinogenuss (wenn auch in einer Light-Version) mit vielen Metaebenen.

Diese Rezension wurde Ihnen übrigens von niemand anders als www.kino-zeit.de präsentiert.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/the-greatest-movie-ever-sold