All Beauty Must Die

Von der Zerstörung einer Liebe

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Per Zufall lernt David Marks (Ryan Gosling) die hübsche Katie (Kirsten Dunst) in New York Anfang der 1970er Jahre kennen. Sie verlieben sich, heiraten und eröffnen einen Bio-Laden in Vermont. Davids Vater (Frank Langhella) missfällt die Ehe, vor allem aber das Leben seines Erstgeborenen. Schließlich soll er eines Tages das Immobilienimperium übernehmen. Deshalb redet er David ein, dass Katie mit diesem Leben nicht zufrieden sei. Sie ziehen zurück nach New York, der ohnehin introvertierte David übernimmt die Rolle, die sein Vater für ihn vorgesehen hat, und richtet sich mit seiner Frau eine hübsche Wohnung ein. Doch sein Verhalten gegenüber Katie verändert sich. Sie ertappt ihn immer häufiger bei Selbstgesprächen, er hat Wutausbrüche und wird ihr gegenüber gewalttätig. Und eines Tages ist Katie spurlos verschwunden.
Ein wahrer Fall liegt All Beauty Must Die von Andrew Jarecki zugrunde: Im Jahr 1982 verschwindet Kathleen McCormack spurlos. Verheiratet war sie mit Robert Durst, dem Sohn eines Immobilienmoguls aus New York. Die Ehe galt als schwierig, dennoch wurde gegen ihn nicht ermittelt. Erst Jahre später kam es aufgrund anderer Taten – die hier nicht verraten werden sollen – zu einer Anklage. Dieser Prozess dient als Ausgangspunkt von Andrew Jareckis Drama, dessen Rahmen die umfassende Aussage bildet, die Robert Durst im Verlauf des Gerichtsprozesses gemacht hat. Dabei ist der Film weniger ein Thriller als vielmehr eine Liebesgeschichte. Von Anfang an spürt Katie, dass mit David etwas nicht stimmt. Aber sie ist überzeugt, dass ihre Liebe ihm helfen wird. Für die Ambivalenz dieser Beziehung findet Andrew Jarecki beeindruckende Bilder, die das Wechselspiel aus Nähe und Distanz verdeutlichen. Wenn Katie und David zusammen in ihrer New Yorker Wohnung sitzen, scheinen sie glücklich zu sein. Aber dann spricht Katie ihren Kinderwunsch an, woraufhin sich David zurückzieht. Sie folgt ihm zum Badezimmer und hört sein Selbstgespräch mit an. Mit einem Blick macht Kirsten Dunst deutlich, wie erschüttert Katie ist – und wie fest ihr Willen ist, ihrem Mann zu helfen. Ohnehin ist ihre Wandlung von der offenen und lebenslustigen Katie zu einer Ehefrau, die in ihrer Ehe gefangen ist, beeindruckend.

Ryan Gosling überzeugt ebenfalls als schwieriger Protagonist, dem es vor allem um eines geht: die Kontrolle zu behalten. Seine Beziehung zu Katie ist der einzige Bereich seines Lebens, in dem er die Oberhand hat. Deshalb kann er Katie nicht einfach geben, was sie will – so wie es sein Vater ihm vorschlägt. Wenn er wutentbrannt in das Wohnzimmer von Katies Eltern rauscht und sie an den Haaren ins Auto zieht, erschüttert diese Sequenz nachhaltig, und dank Goslings starker Körperlichkeit wird Davids ganze Wut und Unberechenbarkeit deutlich.

Unaufhörlich steuert der Film auf den Höhepunkt – dem Verschwinden von Katie – zu, danach lässt die Spannung allerdings deutlich nach. In dem folgenden Teil des Films werden die weiteren Ereignisse rekonstruiert sowie Davids Psychogramm weiter ausgearbeitet, aber dieses letzte Drittel fügt sich mit dem vorhergehenden Teil nicht zu einem stimmigen Film zusammen. Es wirkt fast wie ein Anhang, in dem die letzten Geschehnisse zusammengefasst werden. Vielleicht war hier das detailgetreue Drehbuch von Marcus Hinchey und Marc Smerling sogar ein Nachteil, da das Interesse des Regisseurs Andrew Jarecki weniger in dem Fall als vielmehr in den Strukturen innerhalb der Familie zu liegen scheint. Schon mit seiner Dokumentation Capturing the Friedmans hat er eindrucksvoll gezeigt, dass er an dem Blick hinter die Fassade einer Familie interessiert ist. Deshalb geht es auch in All Beauty Must Die um einen Sohn, der es nicht verwinden kann, dass er als Kind den Selbstmord seiner Mutter mit ansehen musste und ihm sein Vater hinterher Hilfe verweigerte. Deshalb passt auch der Originaltitel All Good Things etwas besser. Denn letztlich zerstört David alles Gute in seinem Leben. Der wahre Robert Durst lebt übrigens mittlerweile in Florida und beteuert weiterhin seine Unschuld.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/all-beauty-must-die