Burke & Hare

Die letzte Rechnung zahlt der Tod

Eine Filmkritik von Lida Bach

Der Tod steht ihm schlecht. Das Rückgrat verbogen, die Nase halb lose. Eine tadellose Leiche sieht anders. Doch Tote zur Sektion sind rar und in Medizinerkreisen begehrt. Und seine beiden zuverlässigen Versorger will der ehrgeizige Dr. Knox (Tom Wilkinson) nicht verlieren. Burke (Simon Pegg) und Hare (Andy Serkis) liefern – und zwar todsicher. Wen stört es da, dass ihre Leichen bisweilen ein wenig malträtiert wirken; so als hätte jemand dem Ableben ein klein wenig nachgeholfen? Den renommierten Mediziner Knox sicher nicht in John Landis pechschwarzem Historien-Klamauk Burke & Hare.
Ist das Liefergut der Titelcharaktere frisch, stellt der Doktor keine Fragen. Edinburgh ist um das Jahr 1827 ein gefährliches Pflaster. Und es ist noch etwas gefährlicher, seit die beiden geschäftstüchtigen Iren dort umgehen, denen der großtuerische Gesetzeshüter Captain McLintosh (Ronnie Corbett) auf der Spur ist in dem Geflecht schmutziger Gassen und düsterer Ecken. Doch Burke braucht Geld, obwohl sein Mordbruder Hare ihn zu Beginn erst von dem kaltblütigen Geschäft überzeugen musste. Frauen brechen einem finanziell das Genick. Und um die hübsche Theaterschauspielerin Ginny (Isla Fisher) für sich zu gewinnen, verfährt Burke genauso mit seinen Opfern.

Die bizarre Geschichte der zwei Serienmörder, die in der schottischen Metropole des frühen 19. Jahrhunderts über Leichen gingen, die sie ihrem Exklusivkunden Dr. Knox verkauften, basiert auf wahren Begebenheiten. Mit nachsichtigem Vergnügen erweckt Landis in detailgetreuen Settings die morbiden Machenschaften. Leichenraub war zur Zeit der Filmhandlung nicht das abnorme Verbrechen, als das er heute erscheinen mag. Das Geschäft mit dem Tod florierte im 19. Jahrhundert. Frische Gräber wurden so häufig geplündert, dass Friedhöfe mit Mauern und Wachtürmen ausgestattet wurden. Der Begriff "to burke" für das Ersticken eines Opfers und makabere Kinderverse zeugen bis heute vom ungebrochenen Bekanntheitsgrad Burke und Hares: "It´s a terrible thing but truth they say, in this age of greed. A man´s worth little hen he´s alive, but plenty when he´s dead", so heißt es in einem Bänkellied.

Da darf man nicht zimperlich sein, wie auch in Landis makaberer Gaunergroteske, die halb Mord-Lustspiel, halb Mordlust-Spiel ist. Die in den berühmten Ealing-Studios inszenierte Burleske versteht der Regisseur in der Tradition schwarzhumoriger Klassiker wie Ladykillers (Regie: Alexander Mackendrick; 1955) und Kind Hearts and Coronets (dt.: Adel verpflichtet; Regie: Robert Hamer; 1949). An deren Doppelbödigkeit fehlt es der bitterbösen Farce, die mehr auf physische Komik denn auf Raffinesse setzt. Auch wenn Burke & Hare mitunter auch so ungehobelt auftreten wie die Hauptcharaktere, ist er dafür genauso sympathisch. Die dreiste Adaption des historischen Stoffs findet die Schuld nicht nur bei den Serienmördern, sondern deren Kunden. Dr. Knox Konkurrenz in Gestalt seines Erzrivalen Dr. Monroe (Tim Curry) schläft nicht. So rührt niemanden, dass Burke und Hare mangels natürlicher Todesfälle schließlich Lebende zur letzten Ruhe betten.

Der Mediziner und das Verbrecherduo repräsentieren zwei unterschiedliche Enden des sozialen Spektrums. Burke und Hare sind verarmte irische Emigranten, ihr Auftraggeber ein wohlhabender Akademiker. Nicht nur in materieller Hinsicht ist Knox der Gegenpart seiner Lieferanten. Sein Intellekt steht gegen ihre Bauernschläue, seine indirekte Ausbeutung gegen ihren notgedrungenen und aus der Not geborenen Pragmatismus. Dr. Knox ist noch kälter als die Leiber, die er vor faszinierten Kollegen zerlegt. Die Sensationslust am Tod als öffentliches Spektakel eint Ober- und Unterschicht. Im Auditorium drängen sich die Zuschauer wie bei der Hinrichtungsszene, die Burke & Hare eröffnet. Dass offiziell nur die Leichen Hingerichteter für Sektionen zugelassen waren, ist eine Posse des Schicksals angesichts des Endes der historischen Filmhelden. Wie es ist, an deren Stelle zu stehen, erfuhr Knox spätestens nach dem eigenen Tod: Ärzte betreten das Jenseits durch den Lieferanteneingang.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/burke-hare