Grüne Tomaten (1991)

Appetitanregendes Wohlfühlkino

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Dieser US-amerikanische Spielfilm von 1991, der nun im Doppelpack in der Kinofassung und erstmals auch als Director´s Cut bei Arthaus erscheint, war seinerzeit ein internationaler Überraschungserfolg. Grüne Tomaten von Jon Avnet erzählt auf zwei Zeitebenen die Geschichten von vier starken Frauen und ihren Freundschaften, die sie über die Widrigkeiten des Schicksals hinwegtrösten. Während die Rahmenhandlung in der Gegenwart Anfang der 1990er Jahre angesiedelt ist, spielt die Erzählung innerhalb der Geschichte zur Zeit der 1930er Jahre in den Südstaaten.

Evelyn Couch (Kathy Bates) ist eine verheiratete, unglückliche Frau in den mittleren Jahren, die mit Hilfe von Selbsterfahrungskursen eine neue Orientierung in ihrem Leben sucht. Als sie bei einem Besuch im Krankenhaus die hochbetagte, allein stehende Ninny (Jessica Tandy) kennen lernt, freunden sich die beiden allmählich miteinander an, und für Evelyn werden die Besuche bei der alten Dame zu einem ganz besonderen, geliebten Ritual. Denn Ninny beginnt bald, ihr die Geschichte zweier Freundinnen zu erzählen, die einst vor langer Zeit gemeinsam in Alabama das „Whistle Stop Café“ führten, und Evelyn ist begeistert von den starken Persönlichkeiten Idgie (Mary Stuart Masterson) und Ruth (Mary-Louise Parker) sowie von deren unverbrüchlicher Verbindung, die einige Bewährungsproben zu überstehen hatte ...

Grüne Tomaten, der unter anderem 1992 für Jessica Tandy als Beste Nebendarstellerin und für das Beste Drehbuch von Fannie Flagg – ebenfalls Autorin der Romanvorlage Fried Green Tomatoes at the Whistle Stop Cafe – und Carol Sobieski zweifach für den Oscar nominiert wurde, ist ein Wohlfühlfilm über die Freundschaften und Emanzipationen äußerst sympathischer Frauenfiguren. Mit liebevollen visuellen und dramaturgischen Details ausgestattet steht hier eine Emotionalität im Vordergrund, die vor allem dem weiblichen Publikum einige breit gefächerte Einladungen zur Identifikation mit den Protagonistinnen bietet. Die Darstellerinnen agieren mit überzeugendem Engagement und verkörpern ganz hervorragend die Entwicklungen dieser mutigen Frauen, während die männlichen Charaktere im Gegensatz dazu nahezu unveränderliche, berechenbare Konstanten darstellen. Auch wenn sich hinter der vordergründigen Handlung sicherlich einige nicht auf den ersten Blick erkennbare Filigranitäten und Symbolismen verbergen, bleibt Grüne Tomaten zwar ein insgesamt äußerst positiver, anregender Film, dessen starke Momente sich durchaus in die Erinnerung des Zuschauers eingraben, doch für ein Meisterwerk der Filmkunst fehlt es hier schlichtweg an Ambivalenzen und Brüchen, die sich jenseits einer allzu harmonischen Gefälligkeit ereignen.
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/grune-tomaten