Fair Play - Spiel ohne Regeln

Business Sport

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Die Verwendung des edlen Begriffs des Fair Play wird in diesem Film des französischen Regisseurs Lionel Bailliu von den intriganten Protagonisten im Spannungsfeld von knallhartem Business und ehrgeizigem Sport mit einer kalt berechnenden Funktionalität belegt, die nur ein Interesse kennt: das jeweils eigene. Fair Play – Spiel ohne Regeln taucht seine stark stilisierten Figuren in die Abgründe eines Universums der skrupellosen Strategien, Machtgelüste und rücksichtslosen Selbstbehauptungen, die in ein Szenario auf Leben und Tod münden.
Dass in dieser Firma auf der Führungsebene mit harten Bandagen gekämpft wird, zeigt sich ohne Umschweife gleich zu Beginn dieser bitter-bösen Satire um eine Gruppe von Arbeitskollegen, die um ihre Position in der Unternehmenshierarchie rangeln. Da ist zunächst Charles (Eric Savin), der als Geschäftsführer eine Politik der demütigenden Repression ausübt und sich als Schwiegersohn eines der Konzernchefs fest im Sattel wähnt. Jean-Claude (Benoît Magimel), der offensichtlichste und schamloseste Intrigant in allen Gassen, spioniert seine Mitstreiter um den größtmöglichen Erfolg engagiert aus, um dann seine erpresserischen Netzwerke zu spinnen. Alexandre (Jérémie Renier) erscheint anfangs als naiver Saubermann, der allerdings durch heimliche sexuelle Verbindungen zu strategisch wichtigen Damen verstrickt ist und sich rasch dem herrschenden Milieu der unlauteren Wettbewerbsmethoden anpasst. Ebenso Nicole (Marion Cotillard), die auf Grund finanzieller Nöte Rechnungen frisiert hat und sich aus ihrer Opferhaltung heraus in den Modus der Machtspielchen einfügt. Die junge Béatrice (Mélanie Doutey) schließlich als spionierende und verräterische Praktikantin sowie Nichte des Chefs spielt eher eine rudimentäre Rolle im zwielichtigen Geflecht der Protagonisten, doch auch sie stellt ein Rädchen innerhalb der Machtmaschinerie dar, die langsam und stetig ihre eigenen Bestandteile verheizt. Diese allesamt unsympathischen Charaktere unternehmen kurz vor der zu erwartenden Eskalation der unterschwellig brodelnden Ränkespiele gemeinsam einen Betriebsausflug in einen abgelegenen Canyon, wo sich erneut vor dem Szenario sportlicher Betätigung das Finale zuspitzt, während dessen alle Masken fallen – oder beinahe alle ...

Fair Play – Spiel ohne Regeln stellt einen völlig auf die Interaktionen der Hauptfiguren konzentrierten Film mit einer ungewöhnlichen Dramaturgie dar, die sehr reduktionistisch angelegt ist. Obwohl es um das Territorium der Business-Welten geht, wird die Büroatmosphäre völlig vermieden und alle Szenen ereignen sich in sportlich dominierten Zusammenhängen – sei es beim Rudern, beim Golf oder beim finalen Canyoning. Die Squash-Sequenz mit Charles und Alexandre rekurriert auf den Kurzfilm Squash von Lionel Bailliu von 2002, wo auch bereits Eric Savin die Rolle des Charles innehat, während dieses Mal Jérémie Renier den Part des Alexandre spielt. Die engen Verknüpfungen zwischen dem sportlichen wie dem geschäftlichen Ehrgeiz, die hier installiert werden, jonglieren mit dem hehren Habitus des Fair Play, der als bedeutsames moralisches Motiv innerhalb der unmoralischen Machenschaften mit beißendem Zynismus überzogen wird.

Zweifellos ist Fair Play – Spiel ohne Regeln ein formal wie in seinen thematischen Bezügen äußerst interessanter und geschickt konstruierter Film, der sich dem zeitgenössischen Mobbing-Komplex innerhalb der Arbeitswelt nicht aufklärend oder reflektierend nähert, sondern als giftige Satire, die immer noch einen dramaturgischen Trumpf im Ärmel hat und es vermag, eine gewisse Spannung bis zum Schluss aufrechtzuerhalten. Regisseur Lionel Bailliu, der auch das Drehbuch verfasste, gelingt es mit bemerkenswerter Leichtigkeit, ein isoliert erscheinendes Kleinkrieguniversum mit tödlichem Ausgang als Sinnbild einer demoralisierten Erfolgsgesellschaft zu entwerfen, bei der das intrigante Durchsetzungsvermögen zum überlebenswichtigen Sport wird. Den ausufernden, oftmals überzogenen Dialogen und mitunter allzu typisierten, überzeichneten Charakteren allerdings mangelt es bei Zeiten deutlich an differenzierter Feinfühligkeit, was die Atmosphäre schon einmal in die Nähe einer albernen Farce rückt. Zudem haben zwar alle Akteure des Ensembles durchaus ihre starken Momente, doch insgesamt bewegen sich die schauspielerischen Leistungen einzeln wie im Zusammenspiel betrachtet in recht bescheidenen Grenzen, was dem Film einiges von seinem formal vielversprechenden, innovativen Potential raubt.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/fair-play-spiel-ohne-regeln