Carl Theodor Dreyer Edition

Eine Filmkritik von Stefan Otto

120 Jahre alt wäre er 2009 schon geworden, doch vor gut vierzig Jahren ist der dänische Regisseur Carl Theodor Dreyer verstorben. Nun ist eine DVD-Box, die Carl Theodor Dreyer Edition, erschienen, die nicht seinen allergrößten Klassiker, La Passion de Jeanne d'Arc / Die Passion der Jeanne d'Arc, enthält, dafür aber vier seiner Filme (darunter drei kleinere Klassiker), die einen guten ersten Überblick auf sein Werk gestatten und ungefähr die Zeit abdecken, in der es entstand.

Es beginnt mit dem naturalistischen Stummfilm Du skal ære din hustru / Du sollst deine Frau ehren von 1925. Ein Film über, wie es in den ersten Zwischentiteln heißt, einen "verwöhnten Gatten - ein Typ, der in diesem Land ausgestorben ist, aber im Ausland noch existiert", und eine "Heldin - nicht der brillanten, schön gekleideten, kurzhaarigen Heldin des Filmspiels, sondern einer normalen Ehefrau und Mutter, deren Leben sich in den vier Wänden ihres Vorstadtheims abspielt". Der "verwöhnte Gatte", der seine beruflichen Probleme und Enttäuschungen an Frau und Kindern abreagiert, wird durch die Familie gezähmt.

Vredens Dag / Tag der Rache von 1943 spielt im 17. Jahrhundert und erzählt von einer Pastorenfrau, deren Untreue den Tod ihres Mannes verursacht und die deshalb als Hexe verbrannt wird. Der Film wurde seinerzeit als Allegorie auf die Besetzung Dänemarks und die Verfolgung seiner Bürger durch die Nazis gesehen, was ihn einerseits zu einem großen Erfolg in Dänemark machte, andererseits Dreyer dazu zwang, zu emigrieren, um Repressalien der Deutschen zu entgehen.

Ordet / Das Wort (1954) nach einem Stück von Kaj Munk erzählt konzentriert und langsam vom Tod einer Bäuerin im Wochenbett und von ihrer Wiedererweckung, einem Wunder, das als Resultat menschlicher Liebe dargestellt wird.
Gertrud (1964), Dreyers letzter Film, zeigt - mit wenig bewegter Kamera und wenig bewegten Darstellern - das Liebesleben und die Ehe der idealistischen Gertrud, die, als die Liebe zu ihrem Gatten Gustav verblasst ist, ein Anrecht auf eine neue Liebe zu einem jüngeren Mann einfordert.

Über diese vier Filme hinaus enthält die DVD-Edition die anderthalbstündige Dokumentation Carl Th Dreyer - Min metier / Carl Th. Dreyer - Mein Metier (1995) von Torben Skjødt Jensen, die halbstündige Doku Carl Th. Dreyer (1966) von Jørgen Roos, Carl Th. Dreyer und Gertrud von Christiane Habich und Reinhard Wulf sowie kurze Interviews mit den Schauspielern Preben Lerdorff Rye und Brigitte Federspiel sowie zwei Gespräche mit Henning Bendtsen, der Kameramann bei Ordet und Gertrud war (und übrigens auch bei Lars von Triers Europa).
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/carl-theodor-dreyer-edition