Joseph Vilsmaier Jubiläumsedition

Drei Mal deutscher Film

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Am 24. Januar dieses Jahres wird der Münchner Filmschaffende Joseph Vilsmaier 70 Jahre alt, der die deutsche Film- und Fernsehlandschaft auf seine ganz eigene Weise mit geprägt hat und einige Male hochkarätig dafür ausgezeichnet wurde. Zu diesem Anlass gibt Arthaus eine Jubiläumsedition heraus, welche die Filme Herbstmilch (1989), Rama Dama (1990) und Schlafes Bruder (1994) präsentiert, die von sehenswerten Extras vor allem zu Letzterem begleitet werden.

War die literarische Vorlage Herbstmilch – Lebenserinnerungen einer Bäuerin von Anna Wimschneider 1985 ein beinahe unheimlich einschlagender Bestseller, war auch die Verfilmung dieser Autobiographie ein enormer Erfolg an den Kinokassen. Im Mittelpunkt dieser historisch eingebetteten Geschichte im ländlichen Milieu zur Zeit des Nationalsozialismus steht die früh ganz auf sich selbst gestellte Anna (Dana Vávrová, als Kind Klara Lidova, als alte Frau Anna Wimschneider), die nach der Hochzeit mit dem Bauern Albert Wimschneider (Werner Stocker) auf dessen Hof einzieht. Willkommen fühlt sie sich allerdings dort nicht, und es ist vor allem ihre boshafte Schwiegermutter (Renate Grosser), die einiges daran setzt, um ihr das junge Eheleben zu vergällen. Viel Raum für Flittereien gibt es für das verliebte junge Paar angesichts der harten Arbeit ohnehin nicht, und bald darauf zu Kriegsbeginn wird Albert als Soldat eingezogen, was die verzweifelte Anna nun vollständig unter die unbarmherzige Fuchtel seiner Mutter geraten lässt. Herbstmilch erzählt ein individuelles Schicksal inmitten dieser politisch und sozial unruhigen und gewalttätigen Zeiten, dessen Betrachtungen gerade Frauen derselben Generation enorm berührt haben.

Rama Dama ist die Geschichte der jungen Kati Zeiler (Dana Vávrová), deren Mann Felix (Hans Schuler) als Soldat im Zweiten Weltkrieg kämpft und auch nach dessen Ende nicht nach Hause zurückkehrt. Felix gehört zur großen Zahl der Vermissten, über deren Verbleib sich nichts herausfinden lässt, und Kati ist gezwungen, sich während des Krieges und auch in der nachfolgenden entbehrungsreichen Zeit mit der Ungewissheit und ihren beiden Kindern allein durchzuschlagen – eine Situation, die jener einiger so genannter Trümmerfrauen gleicht, die etliche Tonnen Schutt und Asche der zerstörten Städte und Dörfer forträumen. Ihre Bekanntschaft mit dem ehemaligen Soldaten Hans Stadler (Werner Stocker), die sich im Laufe der Zeit zu einer Liebesbeziehung auswächst, bedeutet nicht nur praktisch eine große Erleichterung für Kati, sondern lässt die junge tapfere Frau auch emotional wieder aufleben und hoffnungsfroh in die Zukunft blicken. Doch es kommt, wie es wohl kommen muss: Ihr vermisster Ehemann findet eines Tages in seine Heimat und zu seiner Familie zurück ...

Nach dem gleichnamigen, außergewöhnlichen Roman des Österreichers Robert Schneider, der auch das Drehbuch zum Film selbst verfasste und in einer kleinen Nebenrolle zu sehen ist, entstand Schlafes Bruder, der neben anderen Auszeichnungen den Bayerischen, Deutschen und Österreichischen Filmpreis gewann und für einen Golden Globe nominiert war. Erzählt wird das kurze, tragische Leben von Elias (André Eisermann), der als unerwünschtes, verstoßenes Kind in einem abgelegenen Bergdorf geboren wird und in der kleinen Gemeinde von beinahe allen rüde herumgeschubst wird. Dem Zuschauer wird rasch klar, dass Elias ein ganz ungewöhnlich begabter Mensch mit einem so genannten absoluten Gehör ist, doch seine Eigenart und musikalische Bravour sind den Dorfbewohnern eher suspekt. Verständnis findet der seltsame Junge allein bei Elsbeth (Dana Vávrová), die sein zauberhaftes Wesen erkennt und wertschätzt, und auch ihr Bruder Peter (Ben Becker) steht in einer näheren Beziehung zu Elias, die allerdings sehr ambivalent geprägt ist. Elias seinerseits empfindet eine unbedingte, heftige Liebe für Elsbeth, und als diese ihm unerfüllbar erscheint, beschließt er, jeglichen Schlafes für immer und ewig zu entsagen, denn "wer liebt, schläft nicht".
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/joseph-vilsmaier-jubilaumsedition