Rosa Luxemburg

Porträt einer Revolutionärin

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Wenn die Regisseurin Margarethe von Trotta einen Spielfilm über eine der berühmtesten Politikerinnen der Weltgeschichte inszeniert, kann man davon ausgehen, dass ein ganz besonders intensives Werk entsteht. Diese hoch gesteckten Erwartungen haben sich erfüllt, und Rosa Luxemburg aus dem Jahre 1986 erhielt das Filmband in Gold für den Besten Film und die Beste Hauptdarstellerin, und Barbara Sukowa als Rosa Luxemburg wurde ebenfalls bei den Filmfestspielen in Cannes für ihr überzeugendes Spiel ausgezeichnet.
"Die ganze Kulturgeschichte der Menschheit basiert auf der Entscheidung von Menschen über andere Menschen, das in den materiellen Lebensbedingungen tiefe Wurzeln hat. Erst eine weitere, qualvolle Entwicklung vermag dies zu ändern." Auf diese Weise philosophiert die inhaftierte Politikerin Rosa Luxemburg (Barbara Sukowa) im Gefängnis und derart schreibt sie Briefe, immer wieder Briefe, die sie letztlich vor der Verzweiflung in der Isolation bewahren. Der stark biographisch orientierte Spielfilm entwirft ein vielschichtiges, differenziertes Bild der Revolutionärin, Kriegsgegnerin, messerscharfen wie wortgewaltigen Denkerin und leidenschaftlichen Frau, deren unerschütterliches politisches Engagement erst mit ihrer Ermordung endet. Ein hervorragend agierendes Ensemble mit Otto Sander als Karl Liebknecht, Daniel Olbrychski als Rosas Lebens- und Parteigefährte Leo sowie Hannes Jaenicke als naiv-niedlicher, junger Liebhaber Kostja um die grandiose Barbara Sukowa erzählt die bewegte und bewegende Geschichte dieser historischen Frauenfigur vor dem Hintergrund der Wilhelminischen Zeit in Polen und Deutschland. Obwohl bei einer derart politischen Person wie Rosa Luxemburg eine rein private Sphäre kaum existiert, legt Mararethe von Trotta neben der Darstellung zeitgeschichtlicher Ereignisse wie beispielsweise des Spartakus-Aufstands oder der Gründung der Zeitung „Die Rote Fahne“ viele Akzente auf den schillernden Charakter der Politikerin und ihre persönlichen Wünsche, Hoffnungen und Abgründe.

Die Verfilmung der Biographie von Rosa Luxemburg war ursprünglich das letzte Projekt Rainer Werner Fassbinders, der allerdings 1982 verstarb, bevor der Film gedreht werden konnte. Daraufhin wandte sich der Produzent an Margarethe von Trotta, die zuvor bereits darüber mit dem befreundeten Fassbinder gesprochen und geäußert hatte, dass dieser Stoff auch für sie zukünftig einmal von Interesse sei. Letztlich übernahm die Regisseurin das Projekt, bestand jedoch darauf, nicht das bereits vorhandene Drehbuch von Peter Märthesheimer zu verwenden, sondern ein eigenes zu verfassen. Nach gründlichen Recherchen und ausführlichem Lesen sowie der Einsicht in noch unveröffentlichte Briefe Rosa Luxemburgs entstand dieses mit der Zeit und der Film wurde realisiert – und zwar äußerst gelungen und beeindruckend.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/rosa-luxemburg