Heavy Metal - Louder than Life

Die Geschichte des Schwermetalls

Eine Filmkritik von Renatus Töpke

Was für ein hübsches Package: Im schicken Steelbook mit noch schickerem Cover (Rocktussi mit Venom-Shirt und E-Gitarre), werden hier auf zwei prallvollen DVDs Anfänge, Middleage und Jetzt-Zustand der besten Musik der Welt abgehandelt.
Die beiden Regisseure Dick Carruthers und Jim Parsons geben sich sichtlich Mühe, jeden Aspekt der harten Musik zu beleuchten. Dass sie keine unwissenden Popmusik-Fans sind, die hier nur ihren Job machen, merkt man besonders im Bonusmaterial. Hier sind ihre Stimmen mal nicht herausgeschnitten und sie dürfen mit Insiderwissen von bestimmten Konzerten auftrumpfen, dass selbst ihre Gegenüber alt aussehen lässt. Auch lassen sich die Interviewten, wie dem glänzend aufgelegten Dee Snider (Twisted Sister), Stephen Pearcy von Ratt oder auch James Hetfield (Metallica) einiges an Insiderwissen und –jokes entlocken. Mega-Producer Bob Rock und Mike Clink, der die Millionenseller Use Your Illusion I + II produzierte, geben Anekdoten zum Besten und Judas Priest erinnern sich daran, wie sie 1995 verklagt wurden, weil sie angeblich zwei Kids zum Selbstmord animiert hätten.

Chronologisch werden die Anfänge mit Led Zeppelin und Black Sabbath abgeforstet und der Aufstieg des Metal aus den Clubs in die großen Arenen der Welt, in denen in den 80ern Bands wie Mötley Crüe (ihr Schlagzeug-Looping!) und AC/DC ihre zweite Heimat fanden. Höhepunkte sind die unzähligen Interviews mit Leuten von Anthrax, Megadeth, Thin Lizzy, Motörhead etc. Und auch Sangesgott Ronnie James Dio darf sich über seine Philosophie gegenüber den Fans („Wir können ohne sie nicht existieren, sie jedoch ohne uns.“) und seinem Verhältnis zu Richie Blackmore äußern. Selten einen so sympathischen Musiker gesehen. Leider beschränkt man sich fasst ausschließlich auf große Acts. Overkills Sänger Blitz und Ex-Iron Maiden-Sänger Paul DiAnno sind da die rühmliche Ausnahme. Amüsant auch, dass sich DiAnno wie ein kleiner Rockstar gibt, aber in Wirklichkeit seit einem Jahrzehnt nichts mehr zu melden hat.

Szenegrößen sprechen über das Schreiben ihrer Hymnen und wie es plötzlich nicht mehr ging. Dee Snider ist in diesem Punkt ganz großartig uneitel. „Ich hatte ein Haus, fünf Autos und zwei Boote und als ich mich hinsetzte, um die nächste Jugendhymne zu schreiben – passierte nichts. Über was sollte ich mich schon noch aufregen?“ Und sie alle bekommen glasige Augen, wenn sie sich erinnern, was die 80er für einen Spaß gemacht haben. Auch ein beliebtes Thema: Die Groupies. Oder wenn von einem Whitesnake-Musiker berichtet wird, wie er einen Stuhl aus dem Hotelfenster warf. „Der Fernseher war einfach zu schwer.“

Heavy Metal – Louder than Life bietet nicht nur Fans genug Infos und Unterhaltung für einen gelungen Abend. Auch Neueinsteiger und Eltern, die sich über die vermeintlich satanische Musik ihrer Sprösslinge informieren wollen, können hier "die Wahrheit" über politisch unkorrekte Texte aus erster Hand erfahren. Diese Doku hätte es schon zu den Teenagerzeiten des Rezensenten geben sollen. Ihm hätte eine Menge Ärger mit seinen Eltern erspart werden können. Fazit: Großes Kino für die ganz große Mucke!

Die DVD liegt komplett in Englisch vor. Hin und wieder gibt es zwar Verständigungsprobleme, da mancher der Musiker schwer nuschelt und krächzt, doch es gibt Untertitel. Diese übersetzen leider meist nur das nötigste, Nebensätze werden gerne ganz weggelassen. Bonusmaterial gibt es zur Genüge: Anekdotensammlungen (köstlich!), die besten Alben aller Zeiten according to diveren Musikern und Plattenlabeltypen und die Metal-Welt des Dee Snider sind nur die Spitze des Eisbergs. Und eins sei gesagt: Die Bonus-DVD macht fasst noch mehr Spaß als der‚ Hauptfilm. Der kurze Ausschnitt über die Glamrock-Parodie-Band Metal Skool sollte man auf jeden Fall nicht verpassen. So schlecht, dass es wieder gut ist.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/heavy-metal-louder-than-life