John Cassavetes Collection 1

Der Begründer des Independent-Films

"Sagt, was ihr seid. Nicht das, was Ihr gern wärt, und auch nicht, was ihr sein müsstet. Sagt einfach, was Ihr seid. Das ist allemal genug.", philosophierte John Cassavetes der große US-Urvater des Independent-Kinos einmal. Und so sind seine werke soziologische Zeugnisse seines tiefen Einfühlungsvermögens in die Seele des Menschen, leidenschaftlich, mitreißend. Es sind Filme, die eine ganze Generation von Regisseuren maßgeblich prägten.
Der Münchener Anbieter Koch lanciert drei seiner bedeutenderen Werke auf DVD versehen mit einem liebevoll konzipierten, 24-seitigem Booklet. Den Interessenten erwarten knappe sechs Stunden Cassavetes pur.

Schatten (1959)
Cassavetes Regiedebüt: Ein größtenteils improvisierter Einblick in das Leben dreier schwarzer Beatniks in einer weißen Gesellschaft – gedreht in New York über einen Zeitraum von drei Jahren.

Gesichter (1968)
Das Portrait einer Gruppe mittelständischer Amerikaner in L.A. und zugleich eine schmerzhaft ehrliche Studie über zwischenmenschliche Enttäuschungen und sexuelle Macht. (Hier existiert keine deutsche Synchronfassung. Deshalb befindet sich auf dieser DVD die englischsprachige Originalfassung mit deutschen Untertiteln)

Eine Frau unter Einfluss (1974)
Cassavetes Ehefrau Gena Rowlands spielt die Rolle ihres Lebens: Eine Hausfrau, die verzweifelt versucht, ihre Familie zusammen zu halten, während sie mit den verheerenden Auswirkungen eines Nervenzusammenbruchs klarkommen muss.

Die Einsamkeit des Menschen in unserer Gesellschaft, die Schwierigkeiten von privaten Beziehungen und die Geschichte von Einzelgängern, deren Auflehnung gegen eine Welt der Gewalttätigkeit in Ohnmacht erstickt - das sind jene Konflikte, um die Cassavetes kreist. Er (eigentlich Ioannis Kassavetis) wurde mit Sozialanalysen wie Schatten, Ein Kind wartet, Gesichter und Ehemänner in den 1960er Jahren zum eigenwilligsten und innovativsten Einzelgänger unter den neuen amerikanischen Filmemachern.

Eine ungewohnt bewegte Handkameraführung, gelegentliche Unschärfen, puristischer Umgang mit Kunstlicht, Originalschauplätze und plötzlich abbrechende Sequenzen zeichneten ihn aus und waren häufig auch einfach die Konsequenz seines beschränkten Budgets und seiner Abneigung, die Technik über die Darsteller zu stellen. Das wichtigste Element in Cassavetes Filmen waren die Schauspieler. Ein Schauspieler musste sich seiner Rolle völlig hingeben. Dafür waren ihm viele Mittel recht und so arbeitete er sehr manipulativ, brüllte seine Darsteller auch mal gerne an und spielte sie gar gegeneinander aus. Er ließ sie sich dafür ihre Rollen selbst erarbeiten und nannte dies "Improvisation".

Freunde wie Peter Falk, Seymour Cassel, Ben Gazzara und Gattin Gena Rowlands gehörten zu den beliebtesten Schauspielern, die mit John Cassavetes gearbeitet haben. Um ihn zufrieden zu stellen, mussten sie einiges über sich ergehen lassen. Das muß der Zuschauer nun auch, aber glücklicherweise im guten, anspruchsvollen Sinn.

(Jean Lüdeke)

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/john-cassavetes-collection-1