Haunted - Haus der Geister

Übersinnliches

Der Horror kommt auf leisen Pömps: James-Bond-Macher Lewis Gilbert kreierte hier vor einem Jahrzehnt ein kleines, feines Meisterstückchen des postmodernen Gruselfilms nach der literarischen Vorlage von James Herbert. Resultat; ein Midnight-Movie, atmosphärisch dicht, vor allem aber verblüffend durch sein unerwartetes Finale. Das Besondere daran ist das alte darin. Der unvergleichliche Charme antiker Gruselfilme mit seinen bewährten Klischees von knarrenden Holztüren, flackernden Funzeln, dunklen Kammern und klappernden Fenstern.
Um 1925 hat sich David Ash (Aidan Quinn), Professor für Psychologie auf übersinnliche Phänomene spezialisiert. Eines Tages erreicht ihn ein Hilferuf vom Landsitz Edbrook Hall; hier soll es angeblich spuken. In der Idylle leben die Geschwister Robert (Anthony Andrews), Simon (Alex Lowe) und die attraktive Christina (Kate Beckinsale) mit der alten Haushälterin Tess (Anna Massey), die fest an böse Geister glaubt. Nach seiner Ankunft gerät der smarte Prof flugs in den Bann des offenbar inzestuösen Geschwisterpaares. Gleich in der ersten Nacht wird er mit unerklärlichen Vorkommnissen konfrontiert, wie auch mit Traumata seiner eigenen Vergangenheit Als Neunjähriger musste David nämlich hilflos mit ansehen, wie seine Zwillingsschwester im Fluss ertrank. Aber damit nicht genug, gerät David immer öfter in bizarre, zum Wahnsinn treibende Schockmomente. Klar, dass er so schnell wie möglich will zusammen mit der freizügigen Christina die Fliege machen will. Sie aber sorgt für weitere ungeahnte Wendungen…

"Als hätte es Romeros Splatter-Zombies und Spielbergs Effekt-Poltergeist nie gegeben, erzählt Haunted, koproduziert von Francis Ford Coppola, eine geradlinige Spukgeschichte, die fast ganz ohne spektakuläre Schauwerte auskommt und ihre Spannung aus raffinierten Psychoschocks bezieht - bis das Blut gefriert", frohlockte die Hamburger "Cinema". In der Tat handelt es sich um einen wirklich soliden, handwerklich sauberen Film aus der Gruselkiste der Gothic Novel, der auf den ersten Blick eher gewöhnungsbedürftig ist. Für Hardcore-Horror-Fans eher gänzlich ungeeignet, scheint das Gruselwerker mit seinen subtilen Psychoschocks vorzugsweise für feinsinnige Liebhaber archaischer Geistermären geschaffen zu sein. Aber Liebe, Schuld und Sühne, kombiniert mit Kate Beckinsale (Aviator) und Aidan Quinn (Jenseits der Träume), ist jedoch immer einen angenehmen und angespannten DVD-Abend wert, zumal die bisweilen schwächelnden Darsteller durch enorme Detailtreue und präzises Set-Dekor wettgemacht werden. Es ist das alte Lied: Literatur lässt sich nie vollends glücklich "ver"filmen.

(Jean Lüdeke)

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/haunted-haus-der-geister