Lucky Loser - Ein Sommer in der Bredouille

Liebeswirrwarr im Wohnwagen

Eine Filmkritik von Harald Mühlbeyer

Nico Sommer arbeitet in diesem Film nach Drehbuch, er, der das German Mumblecore-Kino mit seinen vorherigen Langfilmen Silvi und Familienfieber um ein paar Perlen bereichert hat. Sein dritter Spielfilm Lucky Loser - Ein Sommer in der Bredouille ist eine Komödie, wie eine Komödie sein kann, mit schrägen Charakteren, chaotischen Situationen, flottem Tempo und einem Schauplatz, aus dem so einiges herauszuholen ist: Der Campingplatz ist für Mike (Peter Trabner) Ursymbol für Freiheit, für Tochter Hannah (Emma Bading) und Ex-Frau Claudia (Annette Frier) eher Urgrund für alles Chaos. Lucky Loser ist in diesem Konflikt zwischen Traum und Durcheinander angesiedelt.
Mike bekommt insgesamt nicht sehr viel auf die Reihe, ist aber immerhin lebensfähig. Wenn auch der Job in der Autowaschanlage nicht viel her macht und wenn er auch dummerweise die Einspruchsfrist gegen die Mietkündigung verbaselt hat. So hängt er auf dem Sofa rum, als diverse Studenten zur Wohnungsbesichtigung reinschneien und er erkennen muss, dass er auf der Straße hockt. Den Nachmittag mit der 15-jährigen Tochter lässt er sich dennoch nicht vermiesen und die Ex-Frau wickelt er mit seinem unbeholfenen Charme sowieso ein. Prompt besorgt er sich einen Uralt-Wohnwagen und fährt mit Hannah zum Camping. Die will eh raus aus dem Haus, der Stiefvater Thomas (Kai Wiesinger, schmierig wie immer) hat mal wieder seine hohle Drohung mit dem Internat ausgestoßen.

Auf dem Campingplatz, wo man eng aneinander hockt und sich nicht ausweichen kann, da kommen all die zwischenmenschlichen Reibungen schön zur Geltung, und die zwischenmenschlichen Annäherungen sind auch problemlos möglich. Mike ist der Meinung, dass die Beziehungspause mit Claudia mal enden könnte, neun Jahre Trennung sind genug. Claudia ist besorgt um die Tochter. Die ist glücklich mit ihrem Freund Otto und plant das erste Mal. Thomas will, dass alles beim Alten bleibt. Das sind die Frontlinien, anhand derer Sommer sein komisches Potential entfalten kann.

Otto hat dunkle Hautfarbe. Das ist für Mike, der an sich nichts auf seine grundsätzliche Freiheitlichkeit kommen lassen will, nach der ersten Überraschung okay; nur, dass die Tochter jetzt zu so etwas wie einem sexuellen Wesen heranwächst … Auch das überwindet er, indem er sich selbst überwindet. In der Apotheke lässt er 50 Euro für alle Fälle springen, Gleitgel und Kondome extra groß und extra dick. Er ist aber auch supercool, wenn er die notorischen Dorfnazis vertreibt, die Otto ans Leder wollen.

Das Campen zu dritt – Papa, Tochter, Otto – wird erst gestört, als Claudia besorgt auftaucht. Doch auch das erkennt Mike, der Lebenskünstler, als Chance, sie zurückzugewinnen. Bis auch Thomas erscheint, pünktlich zum Geburtstag, pünktlich, um alles wieder aus dem Lot zu bringen.

Lucky Loser ist, das muss man klar konstatieren, eine grundsätzlich konventionelle Komödie. Lucky Loser ist aber auch, das muss man ebenso klar sagen, eine grundsätzlich sehr komische Komödie, in der manches einfach so geschieht und manches wunderbar ins Absurde driftet – beim Rendezvous Panzerfahren …? Das liegt an der Anlage der Charaktere und am Timing der Inszenierung, vor allem aber an Peter Trabner, der sein in diversen German Mumblecore-Meisterwerken bewiesenes Talent der Improvisation hier gekonnt zähmt, um es immer wieder ausbrechen zu lassen. Er trägt auch über die Schwäche des Films hinweg, nämlich über das Gefühl, dass sein Mike und Annette Friers Claudia nun mal einfach nicht zusammenpassen: Wo Thomas zu sehr Über-Ich ist, ist Mike zu sehr Es und statt des obligatorischen Happy Ends des Liebespaares wünschen wir uns für Claudia eigentlich vor allem einen Mann, mit dem sie ihr Leben wirklich glücklich verbringen kann.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/lucky-loser-ein-sommer-in-der-bredouille