A Snake Of June – Eine Schlange im Juni

Japan Underground

Rinko (Asuka Kurosawa) und Shigehiko (Yuji Kotari) sind ein ganz normales japanisches Ehepaar, das eine wenig aufregende, unterkühlte Beziehung führt. Behaglich in einem typischen Mittelstandsleben leben sie nebeneinander her und wissen nichts mehr vom anderen, Langeweile, Ereignislosigkeit und Kälte prägen ihren Alltag.

Doch Rinko, die als Telefonseelsorgerin für psychisch labile Menschen arbeitet, ist voller unterdrückter Wünsche und Begierden, die sich nur heimlich und alleine ausleben kann. Allem Anschein nach wird sie dabei von einem ehemaligen Patienten beobachtet, der sie bei ihren Masturbationsphantasien fotografiert. Immer häufiger gehen Umschläge bei Rinko ein, die jeweils mit dem Vermerk versehen sind, dass sie den Inhalt wohl besser vor ihrem Ehemann, einem erfolgreichen Geschäftsmann, verbergen soll. Doch was Rinko noch mehr verstört als die Bilder selbst, sind die Forderungen, die der fremde Voyeur an sie stellt, um die Negative wieder zu bekommen: Sie soll ihre Wünsche und Phantasien in die Realität umsetzen.

Auch ihr Mann wird von Rinkos Peiniger belästigt, er wird von ihm zu einem geheimnisvollen Club geleitet, wo er Erschreckendes mit ansehen muss. Doch die geheimen Wünsche, die Rinko und Shigehiko voreinander verbergen und die sie zunehmend fremder werden lässt, zeihen auch, dass die beiden nur noch eine letzte Chance haben: Sie müssen sich wieder aneinander annähern.

Der Regisseur Shinya Tsukamoto kann seine Herkunft aus dem Industrial-Experimentalfilm nicht leugnen, sein Film Tetsuo- The Iron Man (1989) ist einer der Klassiker der Cyberpunk-Bewegung und begeisterte Festivalbesucher rund um den Globus. Und selbst bei seinen vergleichsweise konventionellen Filmen Tokyo Fist (1995) und Soseiji – Gemini (1999) findet Tsukamoto eine ungeheure Bildsprache abseits jeglicher Konventionen. So auch hier: Seine Bilder sind cool, stilisiert, betörend schön und wirken fast grafisch. Die blau eingefärbten Schwarzweiß-Bilder von A Snake of June lassen die Settings kalt, emotionslos, manchmal auch surreal und fast kafkaesk erscheinen, die gelegentlichen Jump Cuts rhythmisieren den Film stark und ziehen den Zuschauer – zumindest den, der eine eher experimentelle Bildsprache bevorzugt – unwillkürlich in ihren Bann. Ein ungewöhnliches Meisterwerk.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/a-snake-of-june-eine-schlange-im-juni