Short Cuts

Sonntag, 18.7. 2004, ARD, 23:30

Über dem Lichtermeer der Illusionsmetropole Los Angeles brummen einige Hubschrauber durch die Nacht. Ihr Ziel: sie sollen Insektenvernichtungsmittel über der Stadt versprühen. Auch sonst wird die Stadt der Träume von biblischen Bedrohungen heimgesucht, ein Erdbeben erschüttert die Metropole am Ende des Films und wirbelt die eh schon chaotischen Verhältnisse kräftig durcheinander. Paare zeigen sich deutlich ihre Entfremdung, Familienkonstellationen brechen auf, Altlasten werfen ihre Schatten auf die Gegenwart und am Ende der meisterhaft miteinander verwobenen Geschichten stehen vier Tote und jede Menge zerbrochener Träume und Lebensentwürfe.

Basierend auf den Kurzgeschichten des Kultautors Raymond Carver entwirft Robert Altman ein Panoptikum der amerikanischen Gesellschaft, das drastischer, treffender und niederschmetternder nicht ausfallen könnte. Die Episoden der rund 22 Hauptdarsteller, darunter Hollywood-Größen wie Andie MacDowell, Jack Lemmon, Matthew Modine, Anne Archer, Madeleine Stowe, Jennifer Jason Leigh, Tim Robbins und viele andere mehr drehen sich allesamt um die Unfähigkeit der Menschen zur Liebe und Kommunikation, um Entfremdung, Hass, Lebenslügen und unterdrückte Leidenschaften. Fernab jeder Idealisierung ist dieser Film auch nach mehr als zehn Jahren immer noch näher am „wahren“ Leben dran als nahezu alle Hollywood-Streifen zusammen genommen. Ein Werk von solcher Dichte und Wahrhaftigkeit, dass es einem noch heute den Atem raubt. Und zugleich einer der einflussreichsten Filme der Neunziger, der in der kunstvollen Verschränkung verschiedener Geschichten Filme wie Todd Solondz' Happiness, Ulrich Seidels Hundstage, Amores Perros von Alejandro Gonzáles Inárritu, Paul Thomas Andersons Magnolia oder Lichter von Hans-Christian Schmid überhaupt erst möglich gemacht hat.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/short-cuts-tv-tipp-der-woche