Anything Else

Ein Freund, ein guter Freund ...

Ein Woody Allen Film: man weiß sofort, wenn man in einem sitzt. Und das muss in seinem Fall kein Manko sein. Ob nun beseelte New Yorker Atmosphäre, gewohnte Jazz-Untermalung, unaufhörliche Dialoglastigkeit und seine immer wiederkehrenden Themen (Liebe, Tod, Gott und der Sinn des Lebens); Woody Allens intellektuelle Mittelklasse-Welt ist, sofern man sich in dieser (innerlich) wiederfindet, wie der wundervolle Besuch eines alten Freundes, den man schon länger nicht mehr gesehen hat. Was auch vielleicht eine kleine, aber feine Fangemeinde auf der ganzen Welt so sieht, die seit nunmehr 40 Jahren der Arbeit von Allen treu ergeben ist. Der junge Jerry Falk (Jason Biggs) ist Gag-Schreiber, doch auch sein Agent Harvey (Danny DeVito), dessen einziger Kunde Jerry ist, kann nichts an seinen bisher eher bescheidenen Erfolgen ändern. Auch seine Freundin Amanda (Christina Ricci) macht ihm das Leben schwer, denn sie ist chaotisch, hat eine alkoholsüchtige Sängerin als Mutter und ist sexuell nicht unbedingt auf Jerry festgelegt. Zum Glück gibt es da den 60jährigen (und ziemlich paranoiden) David Dobel (Woody Allen), der ein Freund und Mentor von Jerry ist und ebenfalls als Komödienautor arbeitet. Bei langen Spaziergängen im New Yorker Central Park lässt sich Jerry von David mehr oder minder geistreiche Tipps geben, um selbst im Leben vorwärts zu kommen, vor allem aber, um Persönliches besser als bisher zu regeln. Doch leider tut sich Jerry mit eigenen Entscheidungen schwer, so dass Katastrophen nicht ausbleiben. Vielleicht auch, weil Jerry das junge Alter Ego von David zu verkörpern scheint, so dass weitere Schwierigkeiten in der Zukunft gewissermaßen schon vorprogrammiert sind.
Auch in Allens 41. Kinofilm Anything Else wird wieder tiefgründiger Humor en masse versprüht; stets steht der Mensch - speziell natürlich wieder das "ewig lockende Weib" - mit all seinen Facetten im Vordergrund, werden feinfühlig und genau die kleinen Frustrationen des Alltags und die großen individuellen Probleme zwischenmenschlicher Beziehungen beschrieben. Und natürlich gibt es auch wieder einen Psychiater, denn ohne Psychoanalyse und Neurosen kommt Woody Allen (der seit 1959 angeblich selbst zum Psychiater geht) einfach nicht aus. Woran auch sein durchaus zwiespältiges Verhältnis zu den Vertretern dieses Berufsstandes nichts ändert, wie Anything Else mehrmals witzig-lakonisch unter Beweis stellt.

Summa summarum: nichts Neues aus dem Hause Woody Allen. Das Leben bleibt wie es ist: voll von unbegrenzten Geheimnissen, Möglichkeiten und Parallelwelten – reichlich Stoff also für weitere, symphatische Allen-Filme in den nächsten Jahren. Die mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenso altmodisch bleiben werden, was man dem Stadtneurotiker so gerne verzeiht. Like anything else...

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/anything-else