Old Boy (2004)

Kafka meets Kill Bill

15 Jahre lange wird Dae-su OH (Min-sik Choi), ein ganz durchschnittlicher Geschäftsmann und Familienmensch, in einem Ein-Zimmer-Appartment ohne Fenster eingesperrt, nachdem er von unbekannten Gangstern überwältigt und entführt wurde. 15 Jahre ohne jeden menschlichen Kontakt und in völliger Unklarheit darüber, warum und wie lange er festgehalten wird. Aus den Fernsehnachrichten erfährt er vom Mord an seiner Ehefrau, den die Täter ihm in die Schuhe schieben. Und lediglich aus den Nachrichtensendungen entnimmt er, wie die Zeit vergeht, von der er völlig abgekoppelt ist. Der Gefangene beginnt Tagebuch zu führen, um sich auf diese Weise zu erinnern, wem er alles in seinem Leben Schmerz zugefügt hat. Doch es hilft nichts, die Motive seiner Entführer bleiben weiterhin im Dunkeln.

Als er ebenso unvermittelt, wie er seiner Freiheit beraubt wurde, wieder in diese entlassen wird, stellt ihm sein Entführer mit dem Decknamen Evergreen (Ji-tae YOO) die Aufgabe, innerhalb von 5 Tagen den Grund für die lange Gefangenschaft herauszufinden. Sonst will der mysteriöse Evergreen das Leben seiner ehemaligen Geisel vollends zerstören. Verzweifelt und zermürbt durch die lange Gefangenschaft kennt Dae-su OH nur noch ein Ziel – Rache für all die sinnlosen Jahre, für seine getötete Frau und für sein ganzes kaputtes Leben. Mit Hilfe der Sushi-Verkäuferin Mido (Hye-jung GANG) macht er sich auf die Suche nach den Hintergründen und stößt dabei auf die Gespenster der Vergangenheit, die bis auf seine Schulzeit an der Evergreen High School zurückgehen.

Bereits bei den Filmfestspielen von Cannes sorgte Old Boy für einiges Aufsehen und erregte Diskussionen, die auch mit dem Großen Preis der Jury kein Ende nahmen. Manch einen mag die Geschichte eines Mannes und seiner Rache – auch aufgrund des asiatischen Backgrounds – an Quentin Tarantinos Kill Bill erinnern, dessen Schöpfer ja Vorsitzender des diesjährigen Jury von Cannes war. Doch der Film des südkoreanischen Regisseurs Chan-wook Park – der mit Old Boy den zweiten Teil seiner Revenge-Trilogie nach Sympathy For Mr. Vengeance vorlegt, ist nicht nur ein brillanter Genrefilm, sondern zugleich eine tiefsinnige Studie über Vereinsamung, Verbitterung und die Schatten der Vergangenheit, die Leiche, die (nahezu) jeder im Keller hat. Neben aller Härte und Brutalität – die hier allerdings niemals reiner Selbstzweck ist, sondern stets den Erfordernissen der Erzählung folgt – überzeugt Old Boy vor allem durch seine Bildsprache, die fast permanent für visuelle Neuentdeckungen sorgt. Ein Trip, der unter die Haut geht - und dort bleibt.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/old-boy-2004