Comandante

Auge in Auge mit Fidel Castro

Oliver Stone ist nicht gerade bekannt für politische Ausgewogenheit oder Neutralität, und so ist sein faszinierendes Porträt des „Maximo Lider“ Fidel Castro nicht gerade ein Paradebeispiel für einen politisch korrekten und ausgewogenen Dokumentarfilm. Doch das hat wahrscheinlich auch niemand erwartet. Der Fernsehsender HBO allerdings, der das Feature in Auftrag gegeben hatte, zeigte sich aufgrund der kaum verhohlenen Sympathie entsetzte und distanzierte sich von Stones Werk mit dem Hinweis auf „mangelnde Distanz“. Vielleicht lag es ja daran, dass der Film erst zwei Jahre nach seiner Fertigstellung in die deutschen Kinos kommt, kurz nach dem Kinostart von Stones Großwerk Alexander.

Das eigentlich Spannende an dem Interview-Marathon ist dabei vor allem, wie sehr sich im Laufe des Gesprächs die Beziehung zwischen Stone und Castro verändert: Überwogen anfangs noch die kritischen Fragen und gezielten kleinen Nadelstiche, so werden sich die beide übergroßen Männeregos immer sympathischer. Zumal deutlich zu spüren ist, dass es Stone sowieso nie darum ging, wirklich Unangenehmes zu enthüllen. Immer wieder durchbrochen von historischem Filmmaterial gibt der Comandante ausführlich Auskunft über sich selbst und die Revolution, über historisch Bedeutsames ebenso wie Banales, über Freunde, Feinde, persönliche Vorlieben, Befindlichkeiten und Abneigungen, über JFK und Chruschtschow, Ché Guevara und das Debakel in der Schweinebucht – ein Parforce-Ritt durch die kubanische Geschichte, so dass die Dokumentation zum kleinen Propagandafilm in Sachen „Viva la revolucion!“ gerät. Doch das ist ja anscheinend Mode – Fahrenheit 9/11 und The Fog of War lassen grüßen.

Insofern ist Comandante weniger eine Lektion in Sachen Geschichte, als vielmehr ein Musterbeispiel, wie leicht man den Mythen einer Person erliegt, die so legendär ist wie Fidel Castro.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/comandante