Ray

Music for the Soul...

Über Ray Charles muss man eigentlich kaum mehr ein Wort verlieren, denn kaum ein Musiker hat die Geschichte des Soul mehr geprägt als der Mann mit der unverwechselbaren Stimme und der charakteristischen Sonnenbrille. Er gilt vollkommen zurecht als einer der einflussreichsten Musiker des 20. Jahrhunderts, und damit war die Zeit reif für eine filmische Hommage, so dachte sich der Regisseur Taylor Hackford. Allerdings war das nicht so ganz einfach, denn Hackford benötigte sage und schreibe 15 Jahre, um das Leben von Ray Charles auf die Leinwand zu bringen. Manchmal sind es eben gerade die Herzensangelegenheiten, die über einen langen Zeitraum reifen müssen.

Wäre das Leben nur die Summe seiner Bestandteile, dann würde sich die Lebensgeschichte von Ray Charles aus vielen Hochs und Tiefs in einer langen, preisgekrönten Musiker-Karriere zusammensetzen. Doch bei einem Mann, der wie kein zweiter seine Existenzkämpfe, seinen Schmerz und seine Blindheit miteinander verschmolzen hat und dem es gelang, unendlich viele Musikstile – darunter Jazz, Rhythm & Blues, Rock ‘n‘ Roll, Gospel, Country & Western – in seiner Musik zusammenfließen zu lassen, wäre das viel zu wenig. Ray Charles’ Leben war die spirituelle Reise eines einmaligen Genies, Visionärs und Künstlers, der – ganz en passant - der Welt eine neue Art zu Hören schenkte. Und es ist so etwas wie der amerikanische Traum eines Jungen, der aus ärmlichsten Verhältnissen stammend und seit seinem siebten Lebensjahr völlig erblindet seiner Berufung und seiner Liebe zur Musik folgt und unbeirrt seinen Weg geht.

Man merkt Ray in jeder Minute an, welche enorme Bedeutung der Film für den Regisseur Taylor Hackford hatte, dass er mehr war als ein x-beliebiges Werk. Die Liebe zum Gegenstand beginnt, bereits mit dem Hauptdarsteller Jamie Foxx, der nicht Ray Charles spielt, sondern der Ray Charles IST: Da stimmt jedes Detail, jede Geste, jedes Mienenspiel, jede Bewegung auf derart verblüffende Weise, dass man sich eher in einem Dokumentarfilm als in einem Biopic wähnt. Und ebenso liebevoll und detailversessen sind auch die Interieurs der Bars und Kaschemmen, in denen Charles seine Karriere beginnt. Auch sonst lässt der Film kaum ein Detail aus, weder Ray Charles’ Drogensucht noch seine Schwierigkeiten in seiner Ehe und seine zahlreichen Liebschaften.

Allerdings ist genau diese Detailversessenheit und die historische Genauigkeit auch die Crux des Films, denn wer zufällig in Ray gerät, wird sich unter Umständen nach der Hälfte des Films überwältigt und auch ein wenig ermüdet fühlen von der Art der Darstellung, die selten aus der nahen Perspektive hinaustritt und einen neutralen Blick auf den Mann mit der Brille wirft. Zwar wird beispielsweise die Lebenssituation der Farbigen in den USA immer wieder angerissen, aber eben immer nur in Bezug auf Ray Charles, eine mehr oder weniger politische oder gesellschaftliche Stellungnahme bleibt aus. So bleibt der Film eine tiefe Verbeugung vor dem musikalischen Genie Ray Charles und ein unverzichtbares Werk für die Fans – mehr nicht.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/ray