Verhängnis

Freitag, 14. Januar 2005, 3sat, 22:30

Eine Filmkritik von Red.

Stephen Fleming (Jeremy Irons) hat in London als Politiker Karriere gemacht. Aus seiner langjährigen Ehe mit seiner Frau Ingrid (Miranda Richardson) sind zwei Kinder hervorgegangen: eine Tochter und sein Sohn Martyn (Rupert Graves), der am Anfang einer viel versprechenden journalistischen Laufbahn steht. Bei einem Empfang begegnet Fleming der attraktiven Anna Barton (Juliette Binoche) und ist sofort fasziniert von ihr. Sie stellt sich ihm als Martyns neue Freundin vor, die beiden jungen Leute stehen kurz vor der Verlobung. Dennoch zieht es Fleming mit unwiderstehlicher Leidenschaft zu Anna hin, die sich ihm genauso leidenschaftlich hingibt. Fleming folgt Anna bis nach Paris, wo sie ein Wochenende mit Martyn verbringt. In seiner Familie ahnt niemand etwas von dem verhängnisvollen Verhältnis. Am Vorabend der Hochzeit mit Martyn spielt Anna seinem Vater die Schlüssel zu einer Wohnung zu, die sie heimlich für künftige Treffen gemietet hat. So nimmt das Drama seinen Lauf, an dessen Ende der Tod eines Menschen, das Ende einer Karriere und die vollkommene Auflösung einer Familie stehen wird.

Sowohl Jeremy Irons als Prototyp eines beherrschten englischen Politikers wie auch Juliette Binoche als Schwiegertochter in spe und Objekt seiner Begierde wirken in diesem Film unglaublich beherrscht, wenn man von den Liebesszenen einmal absieht. All ihr Tun ist darauf ausgerichtet, nach außen hin den Schein einer intakten Familie und eines korrekten Umgangs miteinander zu geben, auch wenn die Realität ihres beinahe schon inzestuösen Verhältnisses eine vollkommen andere ist. Insofern ist Verhängnis auch und vor allem ein Film über Lebenslügen der gutbürgerlichen Gesellschaft und die Brüchigkeit und Verlogenheit hinter so mancher Fassade von Wohlanständigkeit und Beherrschtheit. Vor allem die Sexszenen stießen in manchen Ländern - zum Beispiel in den USA - auf Unverständnis und machten den Film zur Zielscheibe konservativer Kritiker und Zensoren. Doch gerade sie geben dem Drama einer zum Untergang verurteilten amour fou das Maß an Verzweiflung und Haltlosigkeit, dass schließlich das titelgebende Verhängnis spürbar werden lässt. Selbst im Taumel der Leidenschaften wirken die beiden Liebenden wie Marionetten in einem Spiel, dessen Hintergründe sie nicht durchschauen. Ein wenig ärgerlich ist einzig der Schluss, dessen geballte Melodramatik der kalten Analyse eines Scheiterns die Schärfe nimmt und die den Film mit einem bitter schmeckenden Zuckerguss krönt.
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/verhangnis