Verschwörung im Berlin-Express – Skenbart

Ausgerechnet Wittgenstein...

Es ist schon eine recht skurrile und bunte Reisegesellschaft, die sich im Winter 1945 auf dem Stockholmer Hauptbahnhof einfindet, um den Nonstop-Zug ins zerstörte Berlin zu besteigen: Da ist zum einen der etwas trottelige Kritiker und Autor Gunnar Wern (Gustav Hammersten), der sich mit den Schriften von Ludwig Wittgenstein im Handgepäck nach Deutschland aufmacht, um dort seinen Beitrag zum Wiederaufbau zu leisten. Seine Mitreisenden sind allerdings nicht alle so menschenfreundlich wie der naive Dichter und so ist im Berlin-Express für reichlich Konfliktpotenzial gesorgt. Der Arzt Henry (Magnus Rossmann) und seine schöne Geliebte Marie (Anna Björk) beispielsweise planen den perfekten Mord an der Ehefrau (Kristina Törnqvist) des untreuen Mediziners. Klar, dass Gunnar dieses mörderische Komplott ebenso verhindert – ohne freilich nur im Geringsten zu durchschauen, was sich wirklich abspielt – wie er überhaupt den ganzen Zug mit seinem Wunsch, Gutes zu tun, gründlich aufmischt. Darunter hat vor allem ein bedauernswerter Kriegsversehrter zu leiden, der von jeder Begegnung mit dem Autoren eine neue Verletzung davon trägt. Alsbald geraten auch die anderen Mitreisenden, unter ihnen ein schwules Pärchen, baltische Flüchtlinge und zwei Nonnen in den Strudel der Ereignisse.

Vieles an dieser rasanten Krimi-Groteske erinnert an sattsam bekannte Vorbilder wie etwa Alfred Hitchcocks Strangers on a Train (Verschwörung im Nordexpress) Dead Men don’t wear Plaid (Tote tragen keine Karos) von Carl Reiner, Murder on the Orient Express (Mord im Orient Express) oder auch an Lars von Triers atemberaubendes Filmkunststück Europa. Und doch ist Peter Dalles Film mehr als nur ein ins Sarkastische gewendeter Abklatsch dieser Filme, er ist böse Satire, filmhistorisches Rätsel und gefällige Fingerübung zugleich. Besonders gelungen ist die Mischung aus alten Bildtechniken und neuen Special Effects, die dem Ganzen einen liebenswert nostalgischen und „authentischen“ Look der vierziger Jahre gibt. Obwohl sich Peter Dalle auf bekannten Genrepfaden bewegt, wird sein Film doch nie vorhersehbar oder platt, wie dies häufig bei anderen Parodien zu beobachten ist, im Gegenteil: Allen Wahrscheinlichkeiten zum Trotz zieht der Regisseur eine abstruse Wendung nach der anderen aus dem Hut und sorgt so für ein Feuerwerk an Gags und visuellen Twists, das bis zum Schluss überrascht und unterhält. Über Sinn und Unsinn der Story sollte man freilich nicht allzu viel nachdenken, sondern einfach das rotzfreche Spiel mit den großen Vorbildern genießen.

Verschwörung im Berlin-Express erhielt übrigens auf den Nordischen Filmtagen in Lübeck sowohl den NDR-Förderpreis wie auch den Publikumspreis des Festivals.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/verschworung-im-berlin-express-skenbart