Hotel Ruanda – Hotel Rwanda

Das Undarstellbare darstellen

Kann man, so eine Frage, die die Filmemacher seit jeher bewegt, das Undarstellbare, den Holocaust und überhaupt jede Form des Genozids filmisch darstellen? Wie wird man einem Ereignis von solcher Dimension überhaupt gerecht? Oder muss nicht vielmehr jede Form der \"Inszenierung\" von vornherein scheitern? Welche Bilder soll man dafür überhaupt noch finden? Ein Konflikt und eine Gewissensfrage, die bis heute ungelöst scheint und die mit jeder neuen filmische Abhandlung über das reale Grauen der Konzentrationslager oder den Völkermord auf dem Balkan, in Kurdistan oder sonst wo stets aufs Neue entflammt.
Eine der größten menschlichen Tragödien der neunziger Jahre und der krasse Beweis dafür, dass auch unsere ach so zivilisierte Welt heutzutage lieber wegschaut als eingreift, solange es nicht um die Besitzstandswahrung oder die Kontrolle über Rohstoffe wie Öl oder Wasser geht, war den Genozid in Ruanda, als innerhalb von 100 Tagen eine Million Menschen den Tod fanden. Der jahrzehntelangen Unterdrückungen der Bevölkerungsmehrheit der Hutus durch die herrschenden Tutsis folgte schließlich ein Genozid, der trotz seiner unfassbaren Brutalität und seiner ungeheuren Ausmaße von der Staatengemeinschaft weitgehend ignoriert wurde, bis es zu spät war.

In Hotel Rwanda (Hotel Ruanda) erzählt der britische Regisseur Terry George die Geschichte dieser humanitären und menschlichen Katastrophe vor allem aus der Sicht des Hotel-Managers Paul Rusesabagina (Don Cheadle) aus Kigali, der Hauptstadt des Landes, dessen vordringlichste Aufgabe zunächst darin besteht, dass die Gäste des Hotels durch das beginnende Chaos nicht wesentlich in ihrem Wohlbefinden gestört werden. Doch als die Hutus auf ihre Tutsi-Nachbarn losgehen und das Gemetzel beginnt, wird Rusesabagina aktiv und gewährt mehreren Hundert der Flüchtigen Unterschlupf im Hotel. Ohne jegliche Hilfe von außen – die im Land stationierten UN-Soldaten weigern sich einzugreifen – verhandelt der Manager mit den Hutus und besticht sich unter Lebensgefahr mit allem, was das Hotel zu bieten hat, zum Schluss schreckt er auch vor handfesten Bluffs und Drohungen nicht zurück

Bei der Uraufführung des Films in Toronto im letzten Jahr wurde bemängelt, dass der Film sich zu sehr auf den Hotelmanager Paul und den UN-Colonel Oliver (Nick Nolte) konzentriere und dabei die große Perspektive allzu sehr vernachlässige. Eine Kritik, die zu kurz greift, denn es geht dem Regisseur nicht nur um die Darstellung des Grauens, die er in schockierende und nicht so schnell in Vergessenheit geratende Bilder fasst – als zum Beispiel der wie aus dem Ei gepellte Hotel-Manager auf der Straße ins Stolpern gerät, weil er buchstäblich über Leichen geht und wie er später mit einem unfassbaren Weinkrampf auf das soeben Erlebte reagiert. Es geht George aber vor allem auch um die moralische Frage, wie man auf ein solches Grauen überhaupt reagieren kann – mit Wegschauen, wie im Fall der UN-Kommandeur oder mit beherztem und wagemutigem Eingreifen wie dies Paul Paul Rusesabagina tut. Beeindruckend, erschreckend, zutiefst menschlich und sehenswert, ohne aus dem Lebensretter einen Helden ohne jede menschliche Schwäche zu machen.

Hotel Rwanda lief 2005 außer Konkurrenz im Wettbewerb der Berlinale. Für manche Kritiker war der Film der eigentliche Eröffnungsfilm der Berlinale.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/hotel-ruanda-hotel-rwanda