U-CARMEN eKHAYELITSHA

Die Carmen der Townships

Eine Filmkritik von Redaktion

Georges Bizets "Carmen" ist gewiss bis zum heutigen Tag eine der populärsten Opern der Musikgeschichte. Daran hat sich seit der Uraufführung am 3. März 1875 nichts geändert. Wie sich so ein klassisches Kulturgut beherzt auf heutige Tage und in eine gänzliche andere Kultur übertragen lässt, ohne dabei an Spannung und Aussagekraft zu verlieren, das zeigt der Regisseur Mark Dornford-May mit den Mitgliedern der Theatergruppe Dimpho Di Kopane, die den Stoff in den südafrikanischen Township Khayelitsha verlegten.

Die Geschichte der Carmen dürfte wohl hinlänglich bekannt sein: Die selbstbewusste und hitzige Carmen (Pauline Malefane) arbeitet in einer Zigarettenfabrik. Während ihrer Mittagspause kokettiert sie mit einigen Polizisten, die auf ihrer Kontrollfahrt einen Stopp bei den hübschen Fabrikarbeiterinnen einlegen. Carmen hat es auf Jongikhya (Andile Tshoni) abgesehen, da er sie am meisten ignoriert, und wirft ihm eine Rose ins Auto. Als Carmen bei einem Streit zwischen den Arbeiterinnen ein Mädchen mit dem Messer verletzt, soll ausgerechnet Jongikhya sie in seinem Auto auf die Wache bringen. Doch mit einem tollkühnen Liebesversprechen bringt Carmen ihn dazu, ihre Handschellen zu lösen; sie kann entwischen...

Regisseur Mark Dornford-May hat das Libretto lediglich an die Verhältnisse in den Townships angepasst und das Ganze in die Landessprache Xhosa übersetzt – übrigens die erste Oper, die in diese Sprache übertragen wurde. Was sich im ersten Moment befremdlich anhört, funktioniert im Laufe des Films immer besser, die Sprache Xhosa, die sich durch eine starke Vokallastigkeit und eine Vielzahl an Knacklauten auszeichnet, ist geradezu prädestiniert dazu, gesungen zu werden, was manchen Zuschauer dazu veranlasste, die Augen zu schließen, um sich dem Rausch der Bizet’schen Musik hinzugegeben – eigentlich kontraproduktiv im Kino. Trotzdem war es faszinierend zu beobachten, dass nach manchen Längen die Spannung annähernd bis zum Schluss aufrechterhalten werden konnte. Mit Sicherheit eine der besten Opernumsetzungen der letzten Jahre im Kino, wenn man sich auf die eigene Atmosphäre eingelassen hat und ein schöner Beweis der oft bemühten These, dass Musik eine wahrhaft universelle Sprache ist.

Auf der Berlinale 2005 wurde U-CARMEN eKHAYELITSHA als absoluter Außenseiter, zur Überraschung der Fachwelt, mit dem Goldenen Bären als bester Film ausgezeichnet.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/u-carmen-ekhayelitsha