Wodka Lemon

Über-Leben im Kaukasus

Das Leben ist hart im armenischen Teil des Kaukasus, die Winter sind lang und schneereich, und der sechzigjährige Witwer Hamo (Romik Avinian) muss sich mit einer bescheidenen Rente von sechs Dollar am Tag begnügen. Das ist zum Leben zu wenig und zum Sterben zuviel, doch Hamo ist nicht der Typ, der einfach aufgibt. Nach und nach verkauft er sein ganzes Hab und Gut – den Fernseher, die alte Militäruniform der einstmals so glorreichen Roten Armee und seinen Hochzeitsschrank auf dem Flohmarkt in der nächsten Stadt. Von seinen Söhnen kann er keine Hilfe erwarten, der eine lebt zwar in Frankreich und hat Arbeit, doch anders als andere Söhne in der Ferne schickt er kein Geld an den Vater. Und der andere ist zwar in der Nähe, aber ein echter Tunichtgut, der sein spärliches Einkommen in Wodka Lemon anlegt. Und Hamos Enkelin hat einen Bräutigam, der bei der Hochzeitsfeier mit vorgehaltener Pistole zur Erfüllung seiner Eheversprechen genötigt werden muss. Doch Hamo verliert nicht den Mut, tagtäglich besucht er das Grab seiner Frau, säubert ihr verschneites Foto und erzählt ihr den neusten Dorfklatsch. Und hier begegnet er der schönen Witwe Nina (Lala Sarkissian), die im Bus zum Friedhof neben Hamo die einzige Passagierin ist, wenn man mal von einem lauthals Liebeslieder schmetternden Busfahrer absieht. Und der "Sirenengesang" des Chauffeurs zeigt Wirkung, Hamo und Nina kommen sicht langsam näher, so dass einem ebenso skurrilen wie märchenhaften Happy End nichts mehr im Wege steht.

Eigentlich wollte der irakische Kurde Hiner Saleem, der seit Jahren in Frankreich lebt, nie wieder in jenem kleinen Dorf drehen, in dem bereits sein Spielfilm Passeur de Rêve spielt. Zu kompliziert sei das alles gewesen, jede Beteuerung, es gebe keine Problem, ziehe tausend Probleme nach sich und wenn jemand sage, etwas geschehe in einer Minute, müsse man mindestens ein bis zwei Tage warten. Und trotzdem kehrte Hiner Saleem hierher zurück, vielleicht ja deshalb, weil ihn die Landschaft und ihre stolzen und armen Bewohner an seine eigene verlorene Heimat erinnern. Und dementsprechend zärtlich, ruhig und liebevoll ist denn auch der Film Wodka Lemon geworden, eine leise Liebeserklärung an das späte Glück der Liebe, die Kunst zu überleben und den schrägen und absurden Charme der Provinz.

Wodka Lemon erhielt bei den Filmfestspielen von Venedig im Jahre 2003 den Preis als Bester Film in der Reihe Controcorrente.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/wodka-lemon