Basta. Rotwein oder Totsein

Blaue Bohnen zum Desert?

Eine Filmkritik von Holger Lodahl

„Ich habe nur dreimal im meinem Leben geweint: als man Jack Ruccini gehängt hat, bei der Geburt meines Sohnes, und als ich den Flügel eines getrüffelten Huhns in den Ontario See fallen ließ.“ Mit diesem Zitat Al Capones beginnt Basta. Rotwein oder Totsein, und es verweist gleich auf die Gratwanderung, die der Film bewältigen muss: Rohe Gangster und hohe Kochkunst stehen im Mittelpunkt von Pepe Danquarts neuestem Projekt:

Oskar (Henry Hübchen) ist nicht nur mit Leib und Seele Koch, sondern auch Geldeintreiber für die Russenmafia in Wien mit der Spezialität, seinen Kontrahenten in den Fuß zu schießen. Dass diese krude Mischung in seinem Leben nicht so recht zusammen passt, merkt er selber – aus Liebe zu Marie (Corinna Harfouch), die ihm als sanftmütige Gefängnispsychologin weitere Schüsse verbietet, will Oskar aussteigen. Sein Boss, der Pate Konstantin (Karlheinz Hackl), erteilt ihm einen letzten Auftrag: Er soll den Mord an seiner Tochter brutal rächen – der Mörder Leo (Paulus Manker), soll dafür im wahrsten Sinne schmoren.

Was Konstantin noch nicht ahnt: Oskar will seinen Ausstieg mit einem brisanten Enthüllungsbuch finanzieren – der Inhalt ist so geheim, dass nicht einmal die Verlagsvertreterin Diana (Nadeshda Brennicke). davon erfährt. Jedoch lernt sie Oskars Assistenten Belmondo und Valentin kennen. Sie ist fasziniert von der brachialen Gewalt Valentins (Moritz Bleibtreu) und beginnt eine heiße Affäre mit dem tumben Nachwuchs-Gangster. Ein Fehler, wie sie feststellen muss: sie gerät damit in die brutalen Mühlen der feinen Wiener Untergrundgesellschaft. Auch Maria, die nicht nur Oskars Geliebte ist, sondern auch Dianas beste Freundin, kann sich nicht den Wirren der Mafia entziehen. Um Oskar unter Druck zu setzen, wird sie von Leo gefangen gehalten und gefoltert.

Dass sich nun auch noch zwei Polizeibeamte einmischen und das Gewirr aus Küche, Wein und Tot zu lösen versuchen, macht es Oskar nicht gerade leichter, seine Geliebte aus den Fängen Leos zu befreien. In der Küche seines Restaurants kommt es zum finalen und schussgewaltigen Treffen aller Beteiligter, soweit sie bis dahin überlebt haben.

Der Regisseur Pepe Danquart will die Hektik, die Brutalität und die körperliche Ausstrahlung der Küche auf das Gangstermilieu übertragen – und scheitert mit dem Versuch, dieser sowieso schon schwierigen Mischung auch noch eine Portion makaberen Humors beizumischen. Zwar hat sich die Produktion bei der Besetzung die Mühe gegeben und ein Schauspielensemble engagiert, das sich sehen lassen kann. Und es liegt auch nicht an den Leistungen der Stars, dass der Film fast die ganze Zeit den Zuschauer nicht berührt. Ein wesentlicher Hauptgrund dafür sind die samt und sonders unglaubwürdigen Figuren, die nicht so recht zuende gedacht scheinen. Das beginnt bereits bei Maria und Oskar, die als Paar wenig zu überzeugen wissen. Dass eine Gewalt verabscheuende Akademikerin sich ausgerechnet in einen brutalen Gangster verliebt, mag man vielleicht mit dem Hinweis, dass im Film und in der Liebe alles möglich sein, gerade so eben noch akzeptieren. Trotzdem wirkt das Ganze nicht rund, immer wieder springen Ungereimtheiten in Handlung und Figurenzeichnung förmlich ins Auge. Moritz Bleibtreu gibt eine unnötige Kopie seines Parts aus „Knocking on Heavens Door“, der mit einer gehörigen Portion Gewalt aufgepeppt wurde. Karlheins Hackl sieht mit der Perücke und dem angeklebten Bart, was ihn als Pate älter erscheinen lassen soll, reichlich albern aus, während der schlecht synchronisiert erscheinende und übertriebene Wiener Dialekt von Belmondo (Roland Düringer) das deutsche Ohr gehörig nervt. Und die Wandlung von der sanften Maria, die jegliche Konflikte mit Gesprächen lösen möchte, zur rachenehmende und fast kannibalisch werdenden Furie ist selbst in Anbetracht der Folterung nicht nachzuvollziehen.

Nicht nur die Szenen der Folterung, sondern die Gewaltdarstellung im ganzen Film sieht Danquart nicht als Schwierigkeit: „Ich glaube nicht, dass das ein Problem wird, weil man die Gewalt ja eigentlich gar nicht sieht. Ich habe das sehr entschärft ... die eigentliche Gewalt geschieht nur in der Fantasie des Zuschauers“ gibt er in einem Interview bekannt, das in dem Presseheft zum Film erschienen ist. Leider ist das nicht ganz korrekt. Die Gewaltszenen werden die Zuschauer verwirren, die eine Gangster-Comedy erwarten. Eine am Boden liegende Frau wird mit Fußtritten heftig attackiert; ein Schriftsteller wird von Valentin malträtiert, dass das Blut in Strömen fließt – derartige Szenen strafen den Film als Gangster-Comedy Lügen. Abstoßende Höhepunkte sind die Folterszenen, in denen Corinna Harfouch am Stuhl gefesselt heftige Schläge ertragen muss und grausam erniedrigt wird. Nicht erst, als sie mit dem Kopf im Wassereimer fast ertränkt wird, macht man sich als Zuschauer nicht mehr die Mühe, darin einen Sinn zu sehen. Der müde Sprachwitz in den viel zu langsam gesprochenen Dialogen (etwa Marias ewige Frage, ob sich die drohende Gewalt nicht mit einer Atemübung bewältigen lässt), scheint da noch eher zu stören als zum Gleichgewicht zwischen dem Wort „Gangster-Comedy“ beizutragen.

Vielleicht liegt es ja auch an den Zutaten, die Danquart verwendet hat – sprich den Filmzitaten, mit denen er den Film reichlich garniert – seine Inspiration scheint er sich neben dem von ihm erwähnten Snatch – Schweine und Diamanten auch aus Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber und Pulp Fiction geholt zu haben, doch das allein kann den Film nicht retten. Auf jeden Fall ist Pepe Danquart mit seinem Anspruch, einen „spannenden Gangsterfilm, der auch Komödie ist“ zu machen, gescheitert.
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/basta-rotwein-oder-totsein