Election - Cannes 2005

Gewalt als Stilmittel

Johnny To gehört seit Jahre zu den produktivsten Regisseuren des Kinos aus Hongkong. Kaum ein Jahr vergeht, in dem er nicht mindestens zwei Filme auf die Leinwand bringt. Bereits 2004 war To in Cannes vertreten, als sein Film Breaking News an der Croisette zu sehen, allerdings nicht im Wettbewerb. Dieses Jahr hat To nun mit Election den Sprung in den offiziellen Wettbewerb geschafft. Hatte der Regisseur mit Breaking News versucht, das Genre des Hongkong-Krimis neu zu definieren – ein Versuch, der teilweise als gelungen bezeichnet werden kann – versucht er sich diesmal an einem weiteren typischen Genre der Studios der ehemaligen britischen Kronkolonie – dem Triaden-Film.

Die Triade der Wo Shing, die älteste Triade in Hongkong, will ein neues Oberhaupt für den kriminellen Geheimbund wählen. Die Ältesten treffen sich, um den geeigneten Gangster zu bestimmen. Ihr Favorit ist Lok (Simon Yam), ein umsichtiger und weiser Vertreter seiner Zunft. Doch auch der psychopatische Big D (Tony Leung Kai Fa) meldet seine Ansprüche auf den Vorsitz an, ein Ziel, dass er mit allen Mitteln verfolgt. So kommt es zu einem erbitterten Machtkampf zwischen den zwei Rivalen – ein Machtkampf, der gegen alle Sitten und Gebräuche der Triaden verstößt, da man normalerweise bedacht ist, interne Streitigkeiten durch Verhandlungen zu lösen.

Doch die interne Rivalität der Gangster löst eine Lawine der Gewalt aus, die in einen erbitterten Showdown mündet, womit wir auch beim Kernproblem von Election angekommen wären. Laut Regisseur Johnny To soll der Film den Konflikt zwischen Tradition, Ritual und Modernität widerspiegeln und aufzeigen, wie Gier und Ehrgeiz Tradition und Disziplin zerstören. Was Election jedoch tatsächlich bietet, ist reichlich Gewalt und zwar der übelsten und unappetitlichsten Sorte. Menschen werden mit Spaten systematisch zerlegt, in Fässern zermatscht und Schädel mit Steinen gespalten. Die Darstellung von Gewalt in Election ist so aufdringlich und ekelerregend, dass sie jede, falls vorhandene, Auseinandersetzung mit dem vom Regisseur beschworenen Thema vollkommen überdeckt. Daran können auch die bemühten Zwischenschnitte am Ende des Films nichts ändern, wenn sie dies denn überhaupt sollen.

Wenn an Election etwas Gutes zu finden ist, dann die schauspielerische Leistung von Tony Leung Kai Fa, der der Figur des Gangsters Big D eine wahrhaft furchteinflößende Aura verleiht und die mystischen und teilweise Aufsehen erregenden Bilder des meist im Halbdunkel gefilmten Streifens.

Möglicherweise hatte man sich in Cannes gedacht, dass Election als asiatischer Chili die Festivalsuppe würzen und schärfen könnte. Falls dies das Ziel war, dann haben die Köche kläglich versagt. Election ist nichts anderes, als der vielleicht hunderste Aufguss des typischen Triadeneintopfs – neu ist lediglich das Ausmaß der dargestellten Gewalttätigkeit.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/election-cannes-2005