Paradise Now

Aus dem Alltag zweier Attentäter

Khaled (Ali Suliman) und Saïd (Kais Nashef) kennen sich schon seit Ewigkeiten. Ihr Leben in Nablus im Westjordanland verläuft ohne große Höhen und Tiefen, sie jobben in einer heruntergekommenen Autowerkstatt und machen sich kaum Illusionen über ihre Zukunft. Trotzdem scheint alles in bester Ordnung zu sein, besonders für Saïd, der ein Auge auf Suha (Lubna Azabal) geworfen hat, die Tochter eines als Märtyrer getöteten Freiheitskämpfers. Doch als die beiden von einer palästinensischen Miliz dazu auserkoren werden, gemeinsam ein Sprengstoffattentat in Tel Aviv durchzuführen, hat das vergleichsweise geruhsame Leben ein Ende. Knall auf Fall haben die beiden recht naiven Jungen Männer eine "heilige Mission" am Leib und dürfen mit niemandem darüber reden. Die letzte Nacht im Kreis der Familie verläuft denn auch dementsprechend unruhig, so dass Saïd sich morgens um vier vor Suhas Haus wiederfindet und zu einem Tee eingeladen wird.

Doch so groß die Verunsicherung der beiden Märtyrer in spe auch ist, es führt nun kein Weg mehr zurück. Im Versteck der Terroristen werden die beiden rasiert, in unauffällige Klamotten gesteckt und mit dem Sprengstoffgürtel ausgestattet. Nach der obligatorischen Aufzeichnung einer martialischen Videobotschaft bringt der väterliche Chefterrorist Jamal (Amer Hlehel) die beiden höchst selbst zur Grenze und schickt sie in den sicheren Tod. Doch wie so oft verläuft alles anders als geplant, denn die beiden Unzertrennlichen müssen fliehen und suchen einander fortan verzweifelt. Je länger sie umherirren, desto absurder wird die ganze Situation, zumal ihnen im Laufe der Zeit klar wird, wie wenig sie hinter den hehren Zielen der anderen Kämpfer stehen. Doch gibt es für die beiden einen Weg zurück aus dem Kreislauf von Gewalt und Gegengewalt?

Paradise Now von Hany Abu-Assad ist eine bitterböse und tragikomische Parabel auf den Nahost-Konflikt, die den Zuschauer in einem ständigen Schwebezustand zwischen Hoffen und Bangen, Entsetzen und Entzücken, Grauen und Vergnügen lässt – und das alles, ohne die Haltung der einen oder der anderen Seite zu verurteilen oder zu verherrlichen. Lakonisch und voller Liebe zum Detail erscheinen die beiden Attentäter wider Willen als kraftvolle Symbolfiguren für alle Beteiligten des Konflikts, die zwar wissen, dass ihr Handeln absurd und sinnlos ist, doch die einfach irgendwie in die verhängnisvollen Mechanismen hineingerutscht sind und sich nun strampelnd versuchen, daraus zu befreien.

Ein echtes Highlight der diesjährigen Berlinale und ein kraftvolles politisches Statement zum Nahost-Konflikt, dass gleichzeitig unterhält und zum Nachdenken nachregt. Mit Sicherheit einer der wichtigsten Filme dieses Jahres.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/paradise-now