Wächter der Nacht

Ein russischer Blockbuster

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Es ist eines der spektakulärsten Projekte der russischen Filmgeschichte: Auf drei Teile ist der Zyklus nach der Fantasy-Reihe des Autors Sergei Lukyanenko angelegt, der den Kampf zwischen den Mächten der Finsternis und des Lichts schildert. Und selbst wenn das Budget der Filme jedem Hollywood-Studioboss ein müdes Lächeln ins Gesicht zaubert – für den ersten Teil stand ein Budget von 4 Millionen Dollar zur Verfügung, so führte die Finanzierung die nicht gerade gesegnete russische Filmindustrie an den Rand ihrer Möglichkeiten. Doch der Einsatz lohnte sich, denn der Film konnte in seiner Heimat rund 16 Millionen Dollar einspielen, ein für russische Verhältnisse geradezu sensationelles Ergebnis. Dementsprechend vorsichtig optimistisch sind deshalb die Erwartungen, die den Deutschlandstart des ersten Teils des Mammutprojekts begleiten. Und was die Neugier weiter steigert, sind Statements von Quentin Tarrantino und anderen Regisseuren, die in dem Film ein kleines Meisterwerk sehen.

Im Moskau der Gegenwart herrscht seit 1000 Jahren ein Waffenstillstand zwischen den Kräften des Bösen und des Guten. Die "Anderen des Lichts", also die guten Kräfte verfügen über eine eigene Polizei, die "Wächter der Nacht", die jeden Schritt der Mächte des Bösen überwachen und dafür sorgen, dass das Böse nicht überhand nimmt. Doch es kündigt sich Unheil an, denn eine alte Prophezeiung besagt, dass eines Tages ein "Anderer", also ein Magier kommen wird, der die fein austarierte dualistische Balance gefährden wird, weil seine Macht diejenige der anderen Magier bei weitem übertrifft. Auch Anton Gorodetsky (Konstantin Khabensky) ist einer der Guten, nicht wissend, dass gerade ihm ein besonderes Schicksal vorherbestimmt ist. Als seine besonderen Begabungen jedoch bekannt werden, versuchen beide Seiten, ihn auf ihre Seite zu ziehen und für ihre Zwecke einzuspannen. Der Kampf um die Vorherrschaft beginnt nun von Neuem...

Die Heilsgestalt Anton erinnert an Keeanu Reeves in Matrix, der eine wie der andere muss erkennen, dass er ein Auserwählter ist, ein Wesen mit übernatürlichen Eigenschaften, dessen Schicksal es ist, den Kampf zwischen Gut und Böse zu entscheiden und seine Kräfte für die richtige Seite einzusetzen. Und auch sonst wird reichlich west-östlicher Know-how-Transfer betrieben, von den coolen Sonnebrillen bis hin zur mehr oder weniger kruden Mixtur von archaischen Mythen, sexy High-Tech und brachialer Action. Doch es gibt auch Brechungen wie etwa der Handlungsort Moskau, der von dem ehemaligen Werbefilmer Bekmambetov immer wieder spektakulär in Szene gesetzt wird. Und anders als in Matrix bleibt hier auch noch der Blick für das normale Alltagsleben, das die Kamera immer wieder sucht und auch findet. Die Menschen in den U-Bahnen, auf den Straßen und Plätzen, sie atmen die Aura von Wahrhaftigkeit, wodurch die Parallelität von normalem Leben und dem gleichzeitig stattfindenden Kampf der Geschichte eine andere zusätzliche Dimension verleiht. Auch wenn manches noch gehörig wackelt, so dürfen sich Fans des Genres schon auf den zweiten Teil der Trilogie freuen und hoffen, dass dem russischen Zyklus das Schicksal von Matrix erspart bleibt, bei dem Teil 2 und 3 nicht an die Güteklasse des ersten Teils heranreichten. Denn Steigerungspotenzial nach oben ist ohne Zweifel noch reichlich vorhanden.
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/wachter-der-nacht