Am seidenen Faden

Das Leben und die Liebe nach dem Schlaganfall

Ein Schlaganfall ist etwas, dass man zumeist mit eher älteren Menschen verbindet, eine Krankheit, die man in jungen Jahren getrost beiseite schieben kann. Um so härter trifft es gerade junge Menschen, wenn dann die Krankheit doch auf den Plan tritt. Denn von einem Tag auf den anderen sind sie hilflos, abrupt aus dem Leben gerissen und jeder Aktivität, oftmals sogar der Sprache beraubt.

Genau so erging es dem 33-jährigen Musiker Boris Baberkoff in New York, der 1998 kurz vor seiner Hochzeit einen Schlaganfall erlitt. Der Cellist aus einer ungarischen Musikerfamilie stand zu diesem Zeitpunkt kurz vor einer wichtigen Vertragsunterzeichnung, alles deutete auf eine äußerst erfolgreiche Karriere hin, als das Unfassbare geschah. Bei einem Besuch bei Freunden brach Baberkoff zusammen und wurde ins Krankenhaus gebrachen. Die Diagnose war erschütternd – Stammhirninfarkt. Zur Regungslosigkeit verurteilt lag er da, bei vollem Bewusstsein und doch hilflos wie ein kleines Kind. Seine Freundin Katarina Peters, eine Regisseurin, die zu diesem Zeitpunkt gerade an einer Dokumentation über den New Yorker Kunstmarkt arbeitete, griff intuitiv zur kleinen, handlichen DV-Kamera und begann die Ereignisse der kommenden Zeit auf Film zu bannen.

Als das Paar nach Berlin zurückkehrt, beginnt für den Musiker der lange und qualvolle Weg der Rekonvaleszenz und der mühsamen Schritte zurück in ein normales Leben. Und es beginnt die Auseinandersetzung mit dem Tod und mit einem Leben in Behinderung. Die Partnerschaft wird auf eine schwere Probe gestellt, sie hängt, wie der Titel es andeutet an einem seidenen Faden...

Am seidenen Faden ist sowohl thematisch als auch ästhetisch ein ungewöhnlicher Film, der sich den großen und oftmals verdrängten Fragen des Lebens stellt: Krankheit, Tod und Liebe. In den dokumentarischen Sequenzen des Films nähert sich die Kamera Baberkoff auf eine sehr intime Weise an, und dieser offenbart seine Empfindungen und Gedanken auf sehr berührende Weise. Durchbrochen werden diese Szenen von opulenten Bildern, in denen sich Katarina Peters von ihren Träumen inspirieren ließ: Traumhafte und stilisierte Passagen voll surrealer Kraft und eigenartiger Schönheit. Auf diese Weise miteinander verwoben entsteht ein filmisches Essay von großer Kraft und erschreckender Nähe, das zeigt, wie sehr wir mitten im Leben von Krankheit und Tod umfangen sind.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/am-seidenen-faden