Ist das Leben nicht schön?

Der Weihnachtsklassiker

Alle Jahre wieder beglückt uns das Fernsehen zum Fest mit einem vielgängigen Filmmenü, das kaum noch Wünsche offen lässt. Gerade so, alle wolle man sich am Ende des Jahres unisono für alle programmplanerischen Sünden, für alle Samstagabende entschuldigen, an denen außer Volksmusik auf dem einen und seichter Hollywoodware auf dem anderen Kanal nichts geboten wurde, wird hier ein Feuerwerk außerordentlicher Filme abgefackelt, dass die Qual der Wahl schwer fällt. Und doch gibt es inmitten dieser cineastischen Pracht ein paar Perlen, die man keinesfalls versäumen sollte, darunter einen ganz speziellen Weihnachtsklassiker, der zum Fest einfach dazugehört – Ist das Leben nicht schön? / It’s a wonderful life von Frank Capra.
Ausgerechnet am Weihnachtsabend ist George Bailey (James Stewart), ein rechtschaffener Bürger und braver Familienvater in einer Kleinstadt namens Bedford Falls, derart verzweifelt, dass er mit seinem Leben hadert und sterben will. Nicht einmal der Gedanke an seine Frau Mary (Donna Reed) und seine Kinder scheinen es zu vermögen, den drohenden Selbstmord zu verhindern. Im Himmel werden die Hilferufe des Lebensmüden vernommen und ein etwas trotteliger Engel namens Clarence (Henry Travers) wird beauftragt, den Mann, der ohne Zweifel ein guter Mensch ist, vor dem Schlimmsten zu bewahren. Doch bevor Clarence zu seiner himmlischen Mission startet, wird er von höchster Stelle darüber informiert, wie es zu den ausweglosen Situation kam. George Bailey war einstmals ein junger und ehrgeiziger Mann, der sich nichts sehnlicher wünschte als in die Welt hinauszuziehen und als Architekt kühne Bauwerke zu erschaffen. Doch der plötzliche Tod seines Vaters verhindert seine Pläne, denn der pflichtbewusste George sieht die Notwendigkeit, die kleine idealistische Bausparkasse seines Vaters zu übernehmen und sie vor dem begierigen Zugriff des eiskalten Erzkapitalisten Dr. Potter (Lionel Barrymore) zu bewahren. Aber durch eine kleine Nachlässigkeit seines schusseligen Onkels steht die Bank plötzlich vor dem Ruin und George sieht sich mit dem Gedanken konfrontiert, dass sein Leben trotz aller seiner Kompromisse ein einziger Fehlschlag war. Doch dies ist der Moment, in dem Clarence auftaucht und dem Lebensmüden zeigt, wie Bedford Falls ohne ihn aussehen würde.

Auf den ersten Blick ist Ist das Leben nicht schön? / It’s a wondeful life ein unglaublich warmherziger Weihnachtsfilm, wie er typischer kaum sein könnte für die Vierziger Jahre – großartig inszeniert, mitunter reichlich pathetisch und kitschig und nicht zuletzt ziemlich konventionell. Doch bei genauerem Hinsehen entdeckt man, wie viel Zeitdiagnostik und Gesellschaftskritik der engagierte Filmemacher Frank Capra in seinem Film verpackt hat. Ist das Leben nicht schön? / It’s a wondeful life ist ein flammender Appell an die Ideale des Kommunitarimus und der Solidarität gegen die eiskalte Macht- und Profitgier des Kapitalismus – eigentlich ein Wunder, dass solch ein Film in den anbrechenden Zeiten der Schwarzen Listen und der Kommunistenhatz in Hollywood überhaupt entstehen konnte. Und wer am Schluss nicht heult, wenn George durch den Schnee zu seiner Familie nach Hause rennt, ist selbst schuld.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/ist-das-leben-nicht-schoen