Eine andere Liga

Spiel um dein Leben

Am Anfang steht ein Foul auf dem grünen Rasen, das von einem Tag auf den anderen das Leben der 20-jährigen Hayat (Karoline Herfurth) rapide verändert. Denn bei der anschließenden Untersuchung der vermeintlichen Rippenprellung erhält sie die niederschmetternde Diagnose Brustkrebs. Als sie schließlich nach drei Monaten aus dem Krankenhaus entlassen wird, hat die junge Frau eine Brust weniger und – schlimmer noch – das deutliche Gefühl, von nun an mit einem unsichtbaren Makel behaftet zu sein. Obwohl ihr die Ärzte vom Fußball abgeraten haben, drängt es Hayat zurück auf den Platz, doch beim ersten Training muss sie feststellen, dass ihr fürsorglicher Vater Baba Can (Thierry van Werveke) sie bereits abgemeldet hat. Doch womit er nicht rechnen konnte, ist die Hartnäckigkeit seiner Tochter. Denn diese weiß instinktiv, dass Fußball ihr Lebenselixier ist und dass sie den Weg zurück in die Normalität und ins Leben nur gehen kann, wenn sie endlich wieder auf dem Rasen steht und gegen den Ball treten kann. Also sucht sie sich flugs eine neue sportliche Heimat und landet bei der lustigen, aber chronisch erfolglosen Damenmannschaft des FC Schanze, bei der Toni (Ken Duken) das Training leitet. Der ist allerdings recht unmotiviert und genießt es, der Hahn im Korb zu sein. Das ändert sich schnell, als Hayat sich der Truppe anschließt, ihr Ehrgeiz wirkt ansteckend, und selbst Toni bemüht sich plötzlich redlich – wenngleich sein Hauptaugenmerk der neuen Spielerin gilt. Hayat zögert allerdings sehr lange, ob sie sich auf die Avancen ihres Trainers einlassen soll, denn das würde bedeuten, dass sie sich früher oder später zu ihrem Makel bekennen muss. Doch schließlich siegt die Liebe und der Wille zum Leben. Und als Hayats neue Truppe zu einem Match gegen ihren alten Verein antritt, ist für die junge Frau endgültig der Zeitpunkt gekommen, um auch spielerisch mit der Vergangenheit abzuschließen.
Ob Eine andere Liga die jugendliche Zielgruppe erreicht, auf die der Film durch seine Besetzung abzielt, ist fraglich, denn Brustkrebs gilt rein statistisch gesehen als Krankheit, die gehäuft bei etwas älteren Frauen auftritt. Insofern erscheint der Schicksalsschlag, den Hayat ereilt, wenig in der Lebenswelt junger Frauen angesiedelt zu sein, doch wie die Regisseurin Buket Alakus bekennt, beruht die Geschichte auf einer kleinen Zeitungsnotiz, bei der es um eine junge Frau mit Brustkrebs geht, die den Weg zurück ins Leben sucht. Trotzdem wirkt die Grundkonstellation des Films etwas konstruiert und mitunter beinahe pädagogisch. Ein Eindruck, der durch die Trikotwerbung der Frauenfußball-Truppe noch verstärkt wird, denn der Sponsor ist – natürlich – eine Krankenkasse. Deutlich geht’s nun wirklich nimmer. Überhaupt wirken manche Ploteinfälle überkonstruiert wie etwa das Fußballspiel am Ende des Films, so dass man sich des öfteren etwas mehr Zurückhaltung gewünscht hätte. Auch die Nebenfiguren wirken häufig überzeichnet und holzschnittartig, sie fungieren lediglich als Stichwortgeber für den (allerdings großartigen) Hauptcast, bei denen einzig Thierry van Werveke als türkischer Vater nicht authentisch wirkt.

Natürlich liegt es nahe, den englischen Film Kick it like Beckham! zum Vergleich heran zu ziehen, denn Plotelemente wie die Liebe zum Trainer, die Charakterzeichnung der anderen Spielerinnen und Fußball als Metapher für den Weg in ein freies und selbstbestimmtes Leben ähneln einander sehr. Während Gurinder Chadhas sehr britischer Fußballfilm aber vor allem die Probleme der Integration lustvoll und beiläufig auf die Schippe nimmt, ist es bei Buket Alakus eher die Krankheit, die als Grundmotiv den Film bestimmt und ihm eine etwas dunklere Grundstimmung verleiht, was aber durch die gut umgesetzte Liebesgeschichte wieder aufgelockert wird. Trotz aller Unterschiede und der Erkenntnis, dass Kick it like Beckham! tatsächlich in einer anderen Liga spielt als der Film von Buket Alakus, darf man gespannt sein auf den nächsten Film der jungen Regisseurin aus Hamburg.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/eine-andere-liga