Die Geisha

Fernöstliche Märchenstunde

Bereits vor der Premiere der Verfilmung des Romans Memoirs of a Geisha von Arthur Golden, der sich zwei Jahre lang in der Bestsellerliste der New York Times gehalten hatte, deutete sich an, dass das Werk von Rob Marshall (Chicago) zumindest für einen kleinen Skandal sorgen würde. Denn es wirkt befremdlich und reichlich tölpelhaft, wenn in einem Film, der ein speziell japanisches Thema behandelt, nahezu alle weiblichen Hauptrollen mit Chinesinnen besetzt werden. Das sorgte sowohl in Japan wie auch in China für großen Ärger, denn nach wie vor ist das Verhältnis zwischen Japan und China ob der Greuel der Besetzung in den 30er und 40er Jahren angespannt. So ist es wenig verwunderlich, wenngleich durch nichts zu rechtfertigen, wenn die Schauspielerinnen von ihren Landsleuten als „Landesverräterinnen“ und „Huren“ geziehen wurden und sich andererseits viele Japaner absichtlich missverstanden glaubten. Da hilft auch der Hinweis wenig, dass die Geschichte Hollywoods durchzogen ist von (höchst erfolgreichen) Fehlbesetzungen, in denen man es beim Casting für exotische Rollen nicht allzu genau nahm – Omar Sharif, Peter Lorre, Anthony Quinn oder Christopher Lee seien hier als Bespiele genannt. Zumal man auch von einem Regisseur wie Rob Marshall kaum erwarten kann, ein Werk zu drehen, dass sich um kulturelle und historische Genauigkeit bemüht – denn an diesen Qualitäten mangelt es selbst seinem ur-amerikanischen Werk Chicago. Insofern ist Die Geisha weit weg vom aufklärerischen Duktus der ausgezeichneten Romanvorlage von Arthur Golden und erinnert eher an ein Märchen oder einen schwelgerischen, nostalgischen Traum – perfekt inszeniert, kitschig und mit einem Übermaß an Gefühlen, die so natürlich wirken wie Sushi im China-Restaurant.
Ein Dorf an der japanischen Küste Ende der Zwanziger Jahre: Die Familie der kleinen Chiyo (als Kind: Suzuka Ohgo) ist so arm, dass ihre Eltern gezwungen sind, zwei der Kinder als Haushaltshilfen an ein Geisha-Haus in Kyoto – ein so genanntes Okiya – zu verkaufen. Doch nur Chiyo findet in den Augen der gestrengen Vorsteherin des Hauses Gnade und Aufnahme, sie erkennt das Potenzial des kleinen Mädchens mit den blauen Augen und will sie zur Geisha ausbilden lassen. Doch Chiyo leidet unter Heimweh und den kleinen Spitzen von Hatsumomo (Gong Li) die schon bald spürt, dass das Mädchen ihr ernsthafte Konkurrenz machen wird. Erst als Chiyo bei einem Fluchtversuch einem wohlhabenden Geschäftsmann (Ken Watanabe) begegnet, der von zwei atemberaubend schönen Geishas begleitet wird, fasst sie neuen Mut und brennt fortan darauf, die ihr zugedachte Rolle zu erfüllen. Mit viel Disziplin und der tatkräftigen Unterstützung der Geisha Mameha (Michelle Yeoh) schafft sie schließlich den Aufstieg zur begehrten Gesellschaftsdame Sayuri (Ziyi Zhang). Doch den geheimnisvollen Fremden, der ihr einst ein Eis kaufte, kann sie nicht vergessen.

Rob Marshall spart weder an farbenprächtigen Kostümen, noch an berauschenden Bildern, um die exotische Welt der Geishas auf Zelluloid zu bannen. Seine vielfältigen Strategien der Überwältigung gelingen auch durchaus, wenn man nicht allzu viel Tiefgang oder gar historische Genauigkeit erwartet. Und so bleibt am Ende ein leidlich unterhaltsamer Film übrig, der irgendwo zwischen einer fernöstlichen Aschenputtel-Adaption und einem aufgedonnerten Musical steht, mit dem realen Leben einer Geisha aber herzlich wenig zu tun hat – ein Kino-Märchen, mehr nicht.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/die-geisha