Transamerica

Vater, Mutter, Sohn – Eine fast normale Familie

Bereits der Titel deutet eine gewisse Vielschichtigkeit und die zwei Ebenen der Erzählung in Duncan Tuckers Debütfilm Transamerica gewitzt an. Denn zum einen geht es in dem Film um eine Reise quer durch die Vereinigten Staaten. Und zum anderen ist der Vater, der hier mit seinem Sohn auf diese Reise zu sich selbst macht, eine Frau – beziehungsweise ist er im wahrsten Sinn des Wortes auf dem Weg dazu. Denn Stanley ist ein Transsexueller und nennt sich nun Bree (Felicity Huffman). Bree lebt in einfachsten Verhältnissen und steht kurz vor ihrem Ziel, endlich die letzte Operation über sich ergehen zu lassen und fortan im richtigen Körper – also dem einer Frau – glücklich werden zu können. Doch genau eine Woche vor der OP erreicht Bree die Nachricht, dass ihr Sohn Toby (Kevin Zegers),den sie einst in ihrem vorherigen Leben als Mann zeugte, in New York City im Knast sitzt. Widerwillig und nur auf Drängen seines/ihres Therapeuten macht sich Bree mit dem Flieger auf den Weg, um den verdrängten Sprössling aus der Misere zu befreien Der ahnt freilich nicht, dass die seltsam gewandete Dame, die vor ihm steht, keine christliche Sozialarbeiterin ist, sondern sein Vater. Bree ist nicht sehr scharf drauf, den wahren Sachverhalt aufzuklären. Toby, trotz seines jugendlichen Alters bereits ein drogenabhängiger Stricher und echter Drop-out, will endlich seinen Vater kennen lernen, der irgendwo in Kalifornien in der Porno-Szene aktiv sein soll und so macht er sich mit Bree auf den Weg, nichts ahnend, dass sein Vater näher ist als er denkt. Irgendwann machen die beiden sogar noch einen Abstecher zu Brees Eltern, die quasi auf der Durchreise erfahren, dass ihr Sohn nun eine Frau ist und dafür Geld braucht. Ähnlich schockiert wird auch Toby am Schluss der Reise sein, wenn er erfährt, dass er nun keinen Vater, aber stattdessen zwei Mütter haben wird.
Transamerica ist trotz seines eher ernsten Themas eine sehenswerte Komödie, die gekonnt Fragen der Identität mit Momenten größter Absurdität konterkariert und darüber hinaus eine unglaubliche Zärtlichkeit für seine Figuren entwickelt. Allen voran Patricia Huffman, die bislang in der US-Fernsehserie Desperate Housewives immer etwas im Schatten der Stars Teri Hatcher und Eva Longoria stand, legt eine Performance hin, die sich gewaschen hat und die absolut Oscar®-verdächtig ist. Mit scheinbar ganz natürlichen männlichen Anteilen gibt sie den Wanderer zwischen den Geschlechtern mit großen Ernst und viel Liebe für die Figur – ein ständiger Balanceakt zwischen dem mühsamen Verbergen des eigenen (Noch-)Geschlechts und einer Hingabe an die weiblichen Persönlichkeitsanteile, die sehr berührend zu beobachten ist. Schön zu sehen ist auch, dass der Film sich nicht scheut, von einem allzu offensichtlichen Happy End abzusehen und stattdessen mögliche Entwicklungen lediglich andeutet. Es bleibt die Hoffnungen auf ein besseres, ein glücklicheres Leben, doch verlassen kann man sich darauf nicht.

Schlichtweg wunderbar!

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/transamerica