Reine Formsache

Scheiden tut weh

Das Leben ist wie Roulette: Man hat eine fast 50%-ige Chance, wenn man auf rot oder schwarz setzt. Diese Weisheit trifft dabei nicht nur auf Glückspiel zu. Auch das Leben von Felix (Marc Hosemann) bewegt sich zwischen Gewinn und Verlust. Mit einiger Verzögerung landet der Wahlamerikaner in Berlin – zum eigenen Scheidungstermin. Seine Frau Pola (Christiane Paul) hat genug von seiner Unzuverlässigkeit und dem ausschweifenden Lebensstil und will Felix endgültig aus ihrem Leben verbannen. Schließlich wartet schon eine neue Liebe in Paris. Doch niemand hat mit dem Durchhaltevermögen von Felix gerechnet, der mit allen Mitteln versucht seine Frau für sich zurückzugewinnen. Nach allen Regeln der Kunst umgarnt er Pola, als ihn seine alte Affäre Ada (Petra Schmidt-Schaller) aufsucht. Diese ist mittlerweile mit Felix’ bestem Freund Wito (Oliver Korittke) verheiratet, der grenzenlos eifersüchtig ist und den heimischen Wohnungsflur gerne mal zur Actionkulisse umfunktioniert. Das befreundete Ehepaar Effi (Floriane Daniel) und Gustav (überaus sehenswert: Bastian Pastewka) dagegen hat ganz andere Probleme. Die große Liebe ist im Laufe ihrer Ehe auf der Strecke geblieben und beide fragen sich, wie und ob ihr Leben gemeinsam weitergehen kann. Gustav übt sich im Flirten, Effi steht kurz vor der Midlife Crises. Erst als Felix’ todkranker Vater, gespielt von Michael Gwisdek, sich mit seiner liebenswert schusseligen Art in den alltäglichen Wahnsinn der sechs Freunde einmischt, nähern sie sich einander wieder an. Drei Paare beginnen zu begreifen dass man sich manchmal erst verlieren muss, um sich wieder finden zu können. Manchmal sieht man die große Liebe einfach nicht, obwohl sie direkt vor der eigenen Tür wartet.
Mondscheintarif-Regisseur Ralf Huettner beginnt seine ungewöhnliche Liebeskomödie an dem Punkt, wo Romantik und Filme normalerweise aufhören: beim Scheidungsgericht. Ein hochrangig besetztes Ensemble deutscher Schauspieler stolpert von einem Fettnäpfchen ins nächste. Huettner spielt mit unzähligen Klischees und hinterfragt Happy Ends, die es auf den ersten Blick nicht zu geben scheint.

Reine Formsache ist ein bisschen zu klein geraten für die große Leinwand. Was den Film sehenswert macht, sind viele kleine Momente und eine liebevoll inszenierte Geschichte. Mit teilweise großartigem Humor und viel Authentizität erlebt der Zuschauer drei Paare, die nicht sofort den Mut haben, sich den großen Gefühlen zu stellen. Eine Geschichte passend zum Frühlingsanfang. Sehnsucht, Humor und Melancholie kombinieren sich zu einem kleinen, aber durchaus sehenswerten Film.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/reine-formsache