Im Schwitzkasten

Die deutsche Sozialkomödie, Version 2.0

Da sage noch einer, die Deutschen wären nicht lernfähig. Was haben wir uns immer beklagt, dass deutsche Komödien entweder schrecklich dumm, entsetzlich platt oder bar jeden Blicks für gesellschaftspolitische Realitäten sind, und prompt folgt die Antwort. Und zwar auf dem Fuß und im Doppelpack. Denn nach Andreas Dresens Sommer vorm Balkon folgt nun mit Im Schwitzkasten ein zweiter Film, der in ähnlicher Manier ins selbe Horn stößt. Okay, zugegeben, der Regisseur Eoin Moore ist kein wirklicher Deutsche, sondern ein in Berlin lebender Ire, aber wer wird in Zeiten eines geeinten Europa schon so kleinlich sein, zumal Moore mit treffsicherem Blick die Sorgen und Nöte des deutschen Michel auf den Punkt bringt.
Ähnlich wie Andreas Dresen spielt auch Im Schwitzkasten nicht vor den glänzenden Fassaden des neuen, schicken Berlin, sondern im angeranzten, aber immer noch quicklebendigen Prenzlberg. Hier, am Kollwitzer Platz steht der Schwitzkasten, eine kleine Sauna, die von den Geschwistern Nadine (Christiane Paul) und Jost (Charly Hübner) betrieben wird. In der so genannten Donnerstagsgruppe treffen sich der seit drei Jahren arbeitslose Toni (Andreas Schmidt aus Sommer vorm Balkon), die erfolgsverwöhnte und nun doch gefeuerte Dani (Esther Zimmermann), Karin (Steffi Kühnert), Tonis Ex-Frau, die alle mit ihrer Begeisterungsfähigkeit und den tollen neuen Geschäftsideen nervt, der Politikerinnen-Gatti Norbert (Edgar Selge) und Monika (Laura Tonke), die hin- und her gerissen ist zwischen Familienplanung und ihrem anvisierten Engagement als Entwicklungshelferin in Ruanda. Doch die wöchentlichen Sitzungen im Schwitzkasten, bei denen gejammert und geträumt, gehofft und gelitten wird, sind in Gefahr, denn bei Jost stapeln sich die Rechnungen, bis eines Tages dann wirklich der Ofen aus ist, was im Falle einer Sauna natürlich den größten anzunehmenden Unfall darstellt. Wenn dann noch eines Tages eine Leiche in der Sauna steckt, die entsorgt werden muss, ist das Chaos wirklich perfekt.

Was auf den ersten Blick bisweilen etwas klamaukig scheint, entpuppt sich bei näherem Betrachten als fein gesponnene, realistische Tragikomödie, die mit liebevollem Blick ihren großartigen Figuren mitten ins Herz schaut und entdeckt, dass dort nicht nur deutsche Düsternis, sondern vor allem viel Witz und Wärme, Optimismus und Lebensmut steckt. Wenn uns überhaupt noch etwas retten kann, so scheint der Film es mitzuteilen, dann sind es nicht groß angelegte Reformprogramme und vollmundige Ankündigungen, sondern die ganz normalen Eigenschaften der „kleinen Leute“, die mit so viel Charme immer wieder scheitern und immer wieder aufstehen. Ein gnadenlos witziger und wahrer Kommentar zur Lage einer ganzen Nation, die sich allem Anschein nach wirklich im Schwitzkasten befindet.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/im-schwitzkasten