Der Beweis – Liebe zwischen Genie und Wahnsinn

Ist Mathe cool?

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Erinnert sich noch jemand an das Grauen vor den Mathematik-Stunden in der Schule? An den Schrecken der Mitternachtsformeln und die Angst vor der Quadratwurzel? Wer hätte je gedacht, dass aus diesen tiefen Urängsten und Aversionen einmal große Kinokunst erwachsen, doch spätestens seit Darren Aronofskys Pi, Good Will Hunting und meinetwegen auch Ron Howards A Beautiful Mind ist Mathe plötzlich auch für Filmkünstler sexy und cool. Und so wagt sich Oscar-Presisträger John Madden (Shakespeare in Love) mit seinem neuen Film Der Beweis – Liebe zwischen Genie und Wahnsinn / Proof nicht mehr auf allzu dünnes Eis.
Wie der Titel es andeutet, liegen auch bei Madden Genie und Wahnsinn nahe beieinander. Da ist die junge, sensible und zerbrechliche Catherine (Gwyneth Paltrow), die nach dem Tod des demenzkranken Vaters (Sir Anthony Hopkins), eines erfolgreichen Mathematik-Professors, in ein tiefes Loch fällt. Sie fürchtet, die Krankheit ihres Vaters geerbt zu haben und verkriecht sich noch mehr als zuvor. Lediglich zwei Menschen versuchen ihr in dieser Situation Halt zu geben: Zum einen Hal (Jake Gyllenhaal), ein Ex-Student ihres Vaters, und zum anderen ihre ältere Schwester Claire (Hope Davis). Beim Studium der Notizbücher des Verstorbenen stößt Hal schließlich auf einen Bahn brechenden mathematischen Beweis, von dem er selbstverständlich annimmt, der Professor habe ihn ausgearbeitet. Doch Catherine behauptet, dass der mathematische Geniestreich von ihr stamme. Mühsam beginnt Hal die Wahrheit und damit die Geschichte einer symbiotischen Vater-Tochter-Beziehung zu erkunden…

Der Beweis – Liebe zwischen Genie und Wahnsinn / Proof basiert auf einem Theaterstück von James Auburn, und leider sieht man dem Film die Herkunft von der Bühne ziemlich genau an. Die Kamera bleibt trotz aller emotionalen Dynamik seltsam starr und vermag kaum Bilder einzufangen, die Catherines eigene Welt in zwingende Metaphern gießt. Jeglicher Bezug zur Mathematik spielt sich lediglich auf der emotionalen, aber niemals auf der Bildebene ab, was den Film weiter hinter seinen Möglichkeiten bleiben lässt. Der Sog, den mathematische Besessenheit auslösen kann, wird hier niemals so greifbar wie in Pi, die seelischen Verwüstungen eines sensiblen Geistes niemals so spürbar wie in A Beautiful Mind, auch wenn sich der Film redlich müht, die Kapriolen der Achterbahn fahrenden Emotionen mit mathematischen Formeln gleichzusetzen, was auf die Dauer leider doch etwas bemüht wirkt. Was bleibt, sind nette Dialoge, einige gute Ideen und die Erkenntnis, dass Gwyneth Paltrow selbst \"ungeschminkt\" noch super aussieht. Aber dazu bedarf es nun wirklich keines Beweises.

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