Red Road - Cannes 2006

Wider den Überwachungsstaat

Jackie (Kate Dickie) arbeitet bei einer Glasgower Firma, die den öffentlichen Raum mittels Videokameras überwacht. Ihre Aufgabe besteht nur darin Menschen zu beobachten. Jackie Leben ist freudlos, die einzige Abwechslung bietet gelegentlicher Sex mit ihrem verheirateten Liebhaber. Eines Tages taucht auf ihrem Bildschirm ein Mann aus ihrer Vergangenheit auf, ein Mann, dem sie eigentlich nie wieder begegnen wollte. Nun aber ist sie gezwungen, ihren geschützten Raum zu verlassen und diesem Mann gegenüber zu treten.

Red Road ist der erste von mehreren geplanten Filmen, die nach dem "Advance-Party-Prinzip" gedreht werden. Bei diesem Prinzip geht es darum, dass verschiedene Filmemacher (in diesem Fall sind es drei) von der gleichen Figurenkonstellation ausgehend verschiedene Geschichten entwickeln und realisieren. Außer dem Handlungsort Schottland und den Grundzügen der Charaktere ist nahezu nichts festgelegt, auch nicht, welche Rollen die einzeln Figuren innerhalb der unterschiedlichen Filme spielen. Allerdings müssen alle Hauptcharaktere in allen Filmen auftauchen, Nebenfiguren ausgenommen. Hier dem spielerischen Prinzip, man ahnt es bereits, steckt wieder einmal das Kreativ-Team um Lars von Triers Zentropa Film. Ob das Prinzip aber ähnliche kreative Schübe einleitet wie DOGMA95, bleibt abzuwarten, auf den ersten Blick scheint es nur in der Zusammenschau der Filme zu funktionieren und Sinn zu machen.

Red Road ist nicht nur ein filmisches Experiment sondern auch eine Kritik an der zunehmenden Überwachung des öffentlichen Raumes, eine Debatte, die insbesondere in Großbritannien, dass mittlerweile die höchste Dichte an Überwachungskameras weltweit aufweisen dürfte, immer wieder hochkocht. Inszeniert wurde Red Road von Andrea Arnold, die 2005 für ihren Kurzfilm Wasp einen Oscar erhielt.

Der Hollywood Reporter lobt Red Road. Insbesondere die Kameraführung und die körnigen Motive im Stil einer Überwachungskamera tragen dazu bei, den Film zu einem spannenden und atmosphärisch dichtem Thriller zu machen. Der Guardian sieht Andrea Arnold gar als den neuen Star des Arthouse-Kinos und vergleicht Red Road mit den besten Filmen von Michael Haneke. Der Spiegel hingegen meint der Film sei kaum mehr als "unmotiviert, langatmig und schlecht geschrieben".

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/red-road-cannes-2006