Die Könige der Nutzholzgewinnung

Ganz und gar nicht - Ostharz

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Es ist schon eine seltsame Gegend dort am Rand des Ostharz, in die Krischan (Bjarne Ingmar Mädel) nach zwölf Jahren der Abwesenheit zurückkehrt, diesen Eindruck erwecken bereits die Ortsnamen: Da gibt es das Dorf namens „Elend“, einen Weiler namens „Sorge“ und schließlich „Tanne“, in dem man sich – wie sinnig – natürlich der Nutzholzgewinnung widmet. Doch die besseren Zeiten von Tanne liegen in ferner Vergangenheit, die Arbeitslosigkeit hat die Männer von Tanne zu verweichlichten Waschlappen werden lassen, die in ihrer Resignation kaum noch an mannhafte und kernige Waldarbeiter erinnern. Höchste Zeit, die Kameraden aus alten Zeiten, allen voran Bert (Steven Merting) und Ronnie (Frank Auerbach), aus der Lethargie zu reißen. Dabei schert es Krischan wenig, dass er seine Freunde von einst mit einem Haufen Schulden zurückgelassen hat. Doch das ist nicht die einzige Leiche im Keller, denn da ist noch seine ehemalige Freundin Ellen (Christina Große), die von Krischan einen Sohn bekam und diesen ohne seinen Vater großzog. Doch mit einem Grinsen und seinem anscheinend unwiderstehlichen Charme wischt der Heimkehrer alle noch offenen Rechnungen vom Tisch und macht sich mit Feuereifer daran, einen internationalen Holzfällerwettbewerb auf die Beine zu stellen, der beweisen soll, dass die toughen Kerle von Tanne immer noch Schmalz in den Armen und Eier in der Hose haben. Doch bis es soweit ist, gilt es natürlich jede Menge Widerstände zu überwinden und manches zaudernde Herz zu becircen…
Die Vorbilder für Matthias Keilichs Film liegen klar auf der Hand und werden vom Regisseur auch deutlich benannt: Es sind britische Sozialkomödien à la Ganz oder gar nicht oder Brassed off / Mit Pauken und Trompeten, die sich mit Witz und Charme dem eigentlich ganz und gar unkomische Thema der Arbeitslosigkeit annähern. Leider – so viel vorweg – erreicht Die Könige der Nutzholzgewinnung zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd die Güte der Vorbilder, sondern verharrt in einer provinziellen Behäbigkeit und krampfhaften Schrägheit, die so wirken, als hätten TV-Movie-Redakteure deutscher Privatsender plötzlich einmal Lust gehabt, etwas richtig Sozialkritisches zu machen. Das allein wäre ja noch eine lässliche Sünde, doch was richtig ärgert an diesem Film ist das Aufwärmen von Familien- und Männerklischees, von denen ich eigentlich dachte, dass sie längst überholt wären. Das beginnt bereits mit dem Protagonisten Krischan, dessen nassforscher Losercharme in keiner Minute des Films glaubwürdig wirkt. Auch die anderen Männer in dem kleinen ostdeutschen Dorf am Rande des Harz wirken allenfalls wie Karikaturen und Lachnummern und werfen die Frage auf, ob sich hier nicht jemand köstlich auf Kosten vermeintlich Kleiner und Schwacher amüsiert. Ein wirkliches Interesse an ihren Sorgen und Nöten abseits von klischeehaften Zuspitzungen ist in der bisweilen enervierend schrägen Story nicht zu erkennen. Eine skurrile Grundidee, mitunter gelungene Beobachtungen und ein eigentlich interessantes Thema machen eben noch keine gelungene Komödie aus, sondern allenfalls wie auch hier nur filmische Dutzendware, die man am besten schnell wieder vergisst.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/die-koenige-der-nutzholzgewinnung