Drum Bun – Gute Reise

Der wilde Osten

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Dass Europa in den letzten Jahren wirklich zusammengewachsen ist, kann man auch und vor allem an der Filmlandschaft und den entstandenen Produktionen ablesen, die nun Jahr für Jahr in die Kinos kommen. Bemerkenswert dabei ist vor allem, dass nicht nur in Osteuropa geborene oder aufgewachsene Regisseure Filme in ihrer (alten) Heimat, unübersehbar ist auch die Neugier deutscher oder westeuropäischer Filmemacher auf die „terra incognita“. Der in der Schweiz geborenen und in Budapest ausgebildete Regisseur Robert Ralston ist nur ein Beispiel für diesen Trend, der in der europäischen Filmszene für frischen Wind und Grenzüberschreitungen im wahrsten Sinn des Wortes sorgt.
Als Martin Schlegel (Felix Theissen) erfährt, dass sein ungeliebter Vater bei einem Jagdunfall in den Karpaten in Rumänien ums Leben gekommen ist, macht er sich kurz entschlossen auf den Weg in den Balkan. Mit dem Flugzeug rein, den Leichnam entgegennehmen und schnellstmöglich wieder raus, so ist sein Plan. Doch dann kommt alles anders: Direkt am Flughafen in Rumänien kommt im seine Brieftasche abhanden, so dass er ohne Papiere und ohne Kenntnis der Landessprache dasteht. Zum Glück verfügt Martin noch über eine eiserne finanzielle Reserve, mit der er eine Schrottkarre erwirbt und sich auf den Weg zum Unglücksort seines Vaters macht. Doch der Weg dorthin ist gar nicht so einfach, zumal Martin zuerst statt in einem Krankenhaus in einer Irrenanstalt landet und das Auto just neben einem Friedhof das Zeitliche segnet. So bleibt Martin nichts weiter übrig, als den Weg zu Fuß fortzusetzen. Zum Glück trifft der deutsche Tourist wider Willen auf das rumänische Pärchen Imi (Tibor Pálffy) und Agi (Krisztina Biró), die gerade im schicken Renault von Imis Chef unterwegs sind – ohne dass dieser freilich etwas davon wüsste. Trotz erheblicher Beziehungsprobleme sammeln die beiden Martin auf und versprechen, ihn zum richtigen Krankenhaus zu bringen. Nach etlichen kleineren und größeren Katastrophen dort endlich angekommen, muss Martin feststellen, dass der Leichnam seines Vaters von dessen ungarischen Witwe abgeholt und ins Krematorium gebracht wurde – eine Frau, von deren Existenz der Deutsche bislang nicht einmal etwas wusste. Längst ist aus dem Kurztrip nach Rumänien eine Reise ins Ungewisse geworden…

Drum bun – Gute Reise! / Jó utat! ist ein typischer Road-Movie, der mit kleinem Budget und weitgehend unbekannten, aber sehr spielfreudigen Hauptdarstellern und einer über weite Strecken improvisierten Geschichte aufwarten kann. Bei den Klischees über die Konrtaste zwischen deutscher (Spießer-)Mentalität und rumänische Lebensfreude und die Lust am Chaos wird kräftig zugelangt, so dass mancher Einfall und manche Figurenzeichnung schlichtweg überzogen wirkt. Auch technisch hat der Film einige Mängel, die aber auf Grund des geringen Produktionsaufwandes und der Tatsache, dass es sich hierbei um einen Debütfilm handelt, weniger ins Gewicht fallen. Was den Film allerdings auszeichnet, sind seine wundervollen Darsteller, allen voran das herrlich streitlustige Paar Krisztina Biró und Tibor Pálffy, die im Laufe des Films immer mehr ins Zentrum rücken und so der mitunter etwas vorhersehbaren Geschichte über manche Schwäche hinweghelfen. Keine wirkliche Entdeckung, aber ein akzeptabler Arthouse-Film, der viel Balkan-Atmosphäre und einige erstklassige komödiantische Einlagen zu bieten hat.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/drum-bun-gute-reise