Peer Gynt

Ein ambitioniertes Projekt

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Henrik Ibsens auf einem Volksmärchen basierendes dramatisches Gedicht Peer Gynt dürfte vor allem aufgrund der eindringlichen Orchesterfassung von Edward Grieg der breiten Öffentlichkeit bekannt sein. Schließlich haben sich „Solvejgs Lied“ und „In der Halle des Bergkönigs“ als veritable Klassikhits erwiesen. Heute allerdings wird die Musik bei der theatralen Aufführung zumeist weggelassen, da sie zumeist als nicht mehr passend empfunden wird. Es sind vor allem die Komplexität der Geschichte und die Eigenheiten des in Versen geschriebenen Textes, die eine filmische Neubearbeitung wie diese unter der Regie von Uwe Janson als überaus ambitioniertes Projekt erscheinen lassen, dass sich trotz eines vorwiegend jungen Castes eher an gewiefte Kenner des Ursprungsstoffes und begeisterte Theaterbesucher wendet.
Der „nordische Faust“ Peer Gynt (Robert Stadlober) ist ein einfacher Bauernjunge, der aus seiner tristen Umwelt und seinem als elend empfundenen Leben immer wieder durch Plaudereien und kleine Lügengeschichten entflieht. Sein ständiger Begleiter ist der unheimliche „Knopfgießer“ (Ulrich Mühe), eine Allegorie des Todes, der Peers Denken und Ängste beherrscht, während seine Mutter Aase (Susanne-Marie Wrage) und seine große Liebe Solvejg versuchen, dem Rastlosen Halt zu geben. Peer zieht es hinaus in die Welt, in der Abenteuer, Drolle und Waldfeen auf ihn warten. Doch nirgendwo bleibt Peer, alles ist für ihn lediglich ein Intermezzo, ein Zwischenspiel auf der Jagd nach Liebe, bis Peer schließlich wieder in seine Heimat zurückkehrt, um festzustellen, dass er sich selbst auf seiner Jagd nach Selbstverwirklichung ganz vergessen hat.

Zahlreiche Eskapaden von Peer Gynts überbordender Phantasie spart Uwe Janson aus und übt sich wie sein Hauptdarsteller Robert Stadlober und der Rest des prominent besetzten Ensembles in nobler Zurückhaltung, die den Abgründen und existenziellen Fragen nur selten gerecht werden kann. Anstelle von echten dramatischen Höhepunkten sind es vor allem wieder Motive aus Edvard Griegs Musik, die der mühsam hinkenden Dramaturgie helfend unter die Arme greifen und Emotionen andeuten, die in den lediglich andeutenden Bilder keine Entsprechungen finden. Das Fazit fällt ob seines enormen Anspruchs umso ernüchternder aus: Im Spartenfernsehen wie dem ZDF-Theaterkanal ist der Film bestens aufgehoben, warum der Film aber den Weg in die Lichtspieltheater finden muss, bleibt wohl ein ungelöstes Geheimnis.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/peer-gynt