The Host (2006)

Godzilla auf Koreanisch

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

Koreaner lieben Monster: 13 Millionen Zuschauer haben es sich bislang angesehen, das amphibische, glibberige, drachenähnliche Riesenungeheuer aus The Host. Somit können koreanische Kassenschlager wie Shiri (2001), Tae guk gi (2004) und The King and the Clown (2005) einpacken – jetzt ist The Host der erfolgreichste koreanische Film aller Zeiten. Regisseur Bong Joon-Ho (Memories of Murder) kann sich glücklich schätzen, die richtige Zauberformel dafür gefunden zu haben. Mit einer Mischung aus Polit-Satire, Slapstick-Humor und menschlichen Gefühlen bringt er sein Publikum zum Lachen, zum Fürchten und zum Mitfühlen.

Die Vorgeschichte von The Host hat sich tatsächlich im Jahr 2000 abgespielt: In einem koreanischen Militär-Leichenhaus ließ der Amerikaner Albert L. McFarland seinen koreanischen Kollegen um die 70 Liter giftiges Formaldehyd in den Abfluß kippen, die direkt in den durch Seoul fließenden Han-Fluss gelangten. In der Realität blieb die Umweltkatastrophe aus, Stoff für einen Fantasy-Thriller liefert sie allemal. Bong Joon-Ho erzählt die Geschichte einer Familie, die am Flußufer einen kleinen Imbiss betreiben. Im Mittelpunkt steht Kang-Du (Song Kang-Ho), alleinerziehender Vater, schwerfällig und faul, der lieber schläft als seinem gutmütigen Vater Hee-Bong (Byeon Hee-Bong) bei der Arbeit zu helfen oder die Elternabende seiner Tochter Hyun-Seo (Ko Ah-Seong) zu besuchen.

Wenn das Host-Monster – das namenlos bleibt - zum ersten Mal auftaucht, muss man unweigerlich an die japanischen Kaniju-Filme denken, an japanische Monster-Movies wie Godzilla oder Gamera. Übrigens, bei www.giantmonstermovies.com gibt es für Neugierige einen hübschen Monster-Index.

Nach kurzer Exposition und Einführung der Hauptfiguren, zu denen auch Kang-Dus arbeitsloser Bruder Nam-Il (Park Hae-Il) und seine Schwester, die Bogenschützin Nam-Ju (Bae Doo-Na) zählen, kommt der Film sehr schnell in Fahrt. Das Monster schießt wie von der Tarantel gestochen aus der braunen Brühe des Han-Flusses hervor und richtet in null Komma nix ein Chaos am Ufer an. Es ist schnellfüßig, wendig, sogar Brückenpfeiler kann es spielend erklimmen. Seine Beute sind die Menschen, die es mit großem Appetit einen nach dem anderen vertilgt, zumindest fängt und zum späteren Verzehr in einem unterirdischen Verließ einlagert. So stürmisch wie es aufgetaucht, so flugs sinkt es wieder zurück ins Wasser, eingeringelt im Schwanz steckt die arme, kleine Hyun-Seo (Ko Ah-Seong). Ohne zuviel zu verraten, muss jetzt alles getan werden, um die Kleine aus den Fängen des Scheusals zu befreien. Doch die Stadt und die Polizei haben nichts besseres zu tun als Kang-Du und seine Familie ins Krankenhaus zu sperren und Panik um einen vermeintlich gefährlichen Virus auszulösen. Ab diesem Punkt wird der Film politisch und damit auch satirisch: die Medien schlachten das Virus-Thema aus, die Regierungen erklären den Notstand, sogar us-amerikanische Hilfe wird eingeschaltet.

Die Familie um Kang-Du muss das Mädchen selbst befreien. In dieser Ausnahmesituation heißt das, nicht nur persönliche, sondern auch juristische Grenzen zu überschreiten. Stärke, Mut und Ausdauer an den Tag legen, als Alleinkämpfer gegen Monster und Staat zugleich. Wozu ein träger Mensch wie Kang-Du auf einmal fähig ist, wie weit er seine selbst gesteckten Grenzen überschreiten kann – das ist erstaunlich und kommt eben immer gut im Kino an. Auch wenn The Host kein Mega-Happy-End bereithält, und damit setzt er sich von seinen Hollywood-Counterparts ab, ist das Leinwandspektakel einen Spaß wert.
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/the-host-2006