Der Liebeswunsch (2005)

Liebe und ihre Folgen

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Es gibt Geschichten im Leben und in der Literatur, die können einfach kein gutes Ende nehmen. Dieter Wellershoffs Roman Der Liebeswunsch ist so eine Geschichte. Mit unerbittlicher Präzision und mancherlei Abschweifung beschreibt Wellershoff in seinem Buch, das vierzehn Jahre brauchte, bis es gereift war und zu Papier gebracht werden konnte, vier Menschen – zwei Paare um genauer zu sein –, deren Wege und Schicksale ineinander unlösbar verschränkt sind. Nun hat Thorsten C. Fischer sich des Buches angenommen, und danach einen durchaus werkgetreuen, aber natürlich auch deutlich gestrafften Film gedreht, der dem Autoren der Vorlage so gut gefiel, dass er es sich nicht nehmen ließ, die Adaption beim Filmfest Hamburg selbst vorzustellen.

Der smarte und attraktive Bonvivant Jan (Ulrich Thomsen) hat eine leidenschaftliche Affäre mit Anja (Jessica Schwarz), der noch recht jungen Frau seines besten Freundes Leonhard (Tobias Moretti), eines steifen und peniblen Rechtsanwaltes. Doch trotz des Verhältnisses ist Jan entschlossen, bei seiner Frau Marlene (Barbara Auer) zu bleiben, die früher wiederum mit Leonhard liiert war. Es ist ein instabiles und kompliziertes Gleichgewicht, das die beiden Paare zusammenhält, doch als die labile Anja aus ihrer faden und überstürzt geschlossenen Ehe mit Leonhard ausbrechen will, stürzt das ganze verzwickte Gebäude in sich zusammen und endet in einer Katastrophe.

Oberflächlich betrachtet geht der Titel gebende Liebeswunsch vor allem auf die Figur Anjas zurück, deren Agieren die Katastrophe erst in Bewegung setzt, doch bei genauerer Betrachtung ist nicht nur sie, sondern jeder der Beteiligten ein Getriebener seiner Wünsche und Begierden, seiner kleinen Freuden und großen Hoffnungen. Umso tragischer ist es, dass nicht nur Anjas Wunsch nach Liebe sich nicht erfüllen wird, auch den anderen Handelnden ist dieses Glück nicht vergönnt. Das ist wahrlich eine Tragödie nahezu klassischen Ausmaßes.

Nur: Der Film macht genau dies nicht plausibel, sondern wirkt starr und anämisch, gerade so, als hätten wir es nicht mit Menschen aus dem richtigen Leben, sondern eben mit Romanfiguren zu tun. Vielleicht hat sich Thorsten C. Fischer in seiner sehr zurückhaltenden Inszenierungsart ja ein wenig zu sehr an der faszinierenden, aber bisweilen auch recht intellektuell überhöhten Romanvorlage orientiert und schöpft die Möglichkeiten des Films gegenüber der Literatur nicht restlos aus. Und so lässt einen dieser Film trotz großer Gefühle und mancher treffenden Szene seltsam kalt und vermag es wenig zu berühren, geschweige denn zu unterhalten.
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/der-liebeswunsch-2005