Schröders wunderbare Welt

Die Fortsetzung der Langsamkeit

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Michael Schorrs Schultze gets the Blues war im Jahre 2004 sicher eine der Überraschungen aus deutscher Sicht. Mit viel Liebe zu seinen Figuren, einem ganz eigenen Erzählrhythmus und kauziger Lakonie, wie sie sonst nur in den Filmen von Ari Kaurismäki oder Jim Jarmusch zu finden ist, eroberte der Film ein beachtliches Publikum und zeigte, dass es auch für diese Ausdrucksweise ein dankbares Kinopublikum in Deutschland gibt.
Mit seinem neuen Werk Schröders wunderbare Welt, das im vergangenen Jahr das Filmfestival Mannheim-Heidelberg eröffnete, setzt Schorr nun den eingeschlagenen Weg fort und entführt erneut in eine Gegend im Osten Deutschlands, die nur wenigen Menschen im Westen bekannt sein dürfte: War es bei Schultze gets the Blues noch die Kalibergbau-Region in Sachsen-Anhalt, so zieht es Michael Schorr in Schröders wunderbare Welt nun ins Dreiländereck zwischen Deutschland, Polen und der Tschechei.

An diesem Niemandsland, in dem Frank Schröders (Peter Schneider) Heimatgemeinde Tauchritz liegt, ist der Aufschwung Ost spurlos vorübergegangen. Nun aber gibt es den amerikanischen Großinvestor John Gregory (Jürgen Prochnow), der in Tauchritz investieren und ein riesiges künstliches Tropenparadies anlegen will, das Schröder sich ausgedacht hat. Genau das richtige Projekt, um die vor sich hindümpelnde Region wieder auf Vordermann zu bringen und darüber hinaus die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit den Nachbarländern zu forcieren – so findet zumindest Schröder. Allerdings haben die Tauchritzer und ihre Nachbarn in Polen und der Tschechei ganz andere Sorgen und Interessen, und so fallen Schröders Ideen zunächst auf wenig fruchtbaren Boden. Als schließlich John Gregory höchst selbst in der Gegend auftaucht, bricht schließlich endgültig das Chaos aus…

Michael Schorr ist sich selbst treu geblieben und legt erneut einen Film vor, in dem die Kamera von Tanja Trentmann seltsam bizarre Landschaften findet und in sehenswerte Bilder fasst, eben weil die Menschen, die diese Landschaften bevölkern, ebenso schräg, einsam und melancholisch sind wie ihre Umwelt. Trotz aller Schwermütigkeit aber behält Schröders wunderbare Welt immer einen angenehm sarkastischen Unterton bei, der die allgegenwärtige Tristesse mildert und den Zuschauer bei all den Bemühungen der sich abstrampelnden Akteure unwillkürlich schmunzeln lässt. Allerdings hätte ein wenig mehr Prägnanz und Kürze den Film besser auf den Punkt gebracht. So wirkt die Fortsetzung der Langsamkeit, wie sie in Schultze gets the Blues schon begann, streckenweise doch ein wenig ermüdend, was für den Film und sein durchweg reichlich verqueres Personal dann doch sehr schade ist. Denn die Ironie und unübersehbare Schärfe, mit der Michael Schorr seine Bestandsaufnahme des Aufschwungs Ost hier vorträgt, droht im beharrlichen Schweigen und an den undurchdringlichen Mienen der Akteure kaum wahrnehmbar zu werden.

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