Trade – Willkommen in Amerika

Entführt, verschleppt, verkauft

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

Mehr als 800.000 Menschen werden jedes Jahr entführt, verschleppt und als Sexsklaven verkauft. Über internationale Grenzen hinweg agieren Menschenhändlerringe, denen meist Kinder und junge Frauen zum Opfer fallen. Trade – Willkommen in Amerika / Trade, der erste amerikanische Spielfilm des deutschen Filmregisseurs Marco Kreuzpaintner, erzählt die traurige Geschichte, eines mexikanischen Mädchens und einer jungen polnischen Frau, die von Mexiko in die USA verschleppt und verkauft werden sollen.
Der Film kommt ziemlich schnell zur Sache: Kurze Geburtstagsfeier vorab, auf der die in den Armutsvierteln von Mexico City lebende 13-jährige Adriana (Paulina Gaitan) ein Fahrrad von ihrem 17-jährigen Bruder Jorge (Cesar Ramos) geschenkt bekommt. Als sie mit diesem heimlich eine Runde durch die Nachbarschaft dreht, gerät sie in die Fänge zweier Männer, die sie in ihr Auto zerren und in ein Versteck bringen. Dort trifft sie auf Veronica (Alicja Bachleda), eine junge Polin, die aus ihrer Heimat von einer Agentur mit glücklichen Zukunftsversprechen nach Mexiko gelockt wurde. Als Jorge erfährt, dass seine Schwester entführt wurde, fängt er an, sie zu suchen und begibt sich auf eine langwierige Verfolgungsjagd gen USA. Dabei trifft er auf Ray (Kevin Kline), einem texanischen Versicherungspolizist, der ihm helfen wird, seine Schwester zu finden. Auf einer Website, auf der entführte Mädchen an Pädophile versteigert werden, entdecken sie auch Adriana. Ray und Jorge beschließen mitzubieten und fahren nach New Jersey, wo das Mädchen an den Gewinner der Auktion übergeben werden soll.

Das von Autor Jose Rivera verfasste Drehbuch zu Trade – Willkommen in Amerika wurde inspiriert von der Titelgeschichte des New York Times Magazins "Sex Slaves on Main Street" von Reporter Peter Landesman. Peter Landesman verbrachte fünf Wochen in den Slums von Mexico City, recherchierte und schrieb einen Artikel über Sexsklaverei, in dem er das verborgene, schreckliche Netzwerk des Kindersexhandels aufdeckte. Seine Recherche führte ihn durch ein Labyrinth organisierten Verbrechens, über das er berichtet: "Es ist ein riesiges Geschäft, vor allem deswegen, weil das Startkapital genau Null ist. Man entführt ein Mädchen, man zahlt ihr nichts. Man zahlt niemandem sonst etwas für dieses menschliche Wesen. So kann man mit einem einzigen Mädchen Hunderttausende von Dollars verdienen, ohne teilen zu müssen." Landesman deckte unter anderem auf, dass viele dieser Mädchen zu Sex mit bis zu 30 Männern täglich gezwungen werden. Die Preise dafür fangen bei 20 US-Dollar an, aber die Kunden zahlen bis zu 100 Dollar, wenn das Mädchen noch Jungfrau ist. Und manche der Mädchen sind erst 11 oder 12 Jahre alt.

Produziert wurde der Streifen von Rosylin Heller und Blockbuster-Regisseur Roland Emmerich, der zunächst selbst Regie bei dem Film führen wollte. Da er allerdings zur gleichen Zeit in der Vorbereitung für sein Regie-Projekt 10.000 B.C. steckte, schaute er sich nach anderen Regisseuren um und lernte dabei in München den seinerzeit 27-jährigen Nachwuchsregisseur Marco Kreuzpaintner kennen, der damals seinen Coming-out-Film Sommersturm (2004) vorstellte. Eins gab das Andere und Kreuzpainter wurde zum Regisseur von Emmerichs Projekt auserkoren.

Allein schon der Thematik wegen ist Trade – Willkommen in Amerika ein unglaublich spannender und bewegender Film. Was dem Zuschauer da vor Augen geführt wird, ist so unfassbar, das man es manchmal gar nicht glauben mag. Was sind das für Menschen, die anderen solch abscheulichen Schandtaten antun? Und dabei geht es einzig allein nur um das Geld, nur zu welchem Preis? Es ist bitter und schmerzhaft. Es ist in letzter Zeit selten passiert, aber Trade – Willkommen in Amerika ist ein Film, der von der ersten bis zu letzten Minute fesselt und noch lange danach bewegt. Unbedingt ansehen!

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/trade-willkommen-in-amerika