Du bist nicht allein

Mitten im Leben

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

"Du bist nicht allein, wenn du träumst heute Abend. Du bist nicht allein, wenn du träumst von der Liebe." "Du bist nicht allein" heißt der berühmte 60er-Jahre Schlager von Roy Black. Und er fungiert ebenso als Titel für den zweiten Kinofilm von Bernd Böhlich, der sich bislang vor allem als Fernsehregisseur einen Namen gemacht hat. Du bist nicht allein ist eine beeindruckend authentisch inszenierte Sozialkomödie mit viel Aufmerksamkeit für ihre Darsteller und Figuren, in seiner Mischung aus Leid und Humor erinnernd an die Alltagsdramen und Tragikomödien von Andreas Dresen.
Du bist nicht allein ist ein Film über Menschen, deren Leben auf der Kippe steht, die die Wahl haben, abzugleiten oder noch mal ganz von vorn anzufangen. Es sind die Geschichten mehrerer Bewohner eines Ostberliner Plattenbaus: Im Zentrum steht der arbeitslose Hans Moll (Axel Prahl), der sich in die aus Russland zugezogene Nachbarin Jewgenia (Katerina Medvedeva) verliebt. Seine Frau (Katharina Thalbach) hat soeben einen neuen Job beim Wachdienst angetreten und bekommt von den Schwärmereien ihres Mannes jedoch nichts mit. Hinzu kommt der arbeitslose Physiker Wellinek (Herbert Knaup), der getrennt von seiner Frau Sylvia (Karoline Eichhorn) auf der gleichen Etage wie die Molls wohnt. Sylvia ist Schauspielerin, hat aber in letzter Zeit nur widerwillig quakende Frösche in Animationsfilmen synchronisiert.

Auch wenn das Schicksal es nicht gut mit ihnen meint, gibt es immerhin den Trost auf einen Neuanfang im Leben. Hans, der um die Aufmerksamkeit von Jewgenia kämpft, ihr eine Waschmaschine kauft und Trockenhauben aus den 70er Jahren besorgt, der mehr in ihrer als in seiner Wohnung ist, und ihr zum Geburtstag "Du bist nicht allein" vorsingt, muss irgendwann begreifen, dass dieses Verliebtsein nur einseitig ist und von Jewgenia nicht erwidert wird. Seine Frau wird gleich doppelt vom Unglück getroffen: Die Entdeckung, dass sie nur eine leere Traglufthalle bewacht, ist zwar bedrückend, was zwischen ihrem Mann und Jewgenia passiert ist, aber noch viel schmerzlicher. Während Hans sich aufmacht, einen Neuanfang zu wagen, macht auch seine Frau das, was sie schon immer lernen wollte: Schwimmen.

Auch Kurt und Sylvia steht ein Neuanfang bevor. Nachhilfestunden in Mathe und Physik, die Sylvia ohne sein Wissen inseriert hat, bringen nicht nur nachhilfebedürftige Schüler in seine Wohnung, sondern auch sein auf der Strecke gebliebenes Selbstbewusstsein zurück.

Du bist nicht allein feierte seine Uraufführung auf dem 17. Filmkunstfest im Mai 2007 in Schwerin, wo er vom Publikum gefeiert wurde und den Publikumspreis gewann. Ein guter Start für einen kleinen Film, der mehr schafft, als das trostlose Leben von Hartz-4-Empfängern auf der Kinoleinwand auszurollen. Er ist vielmehr ein Rundblick auf das Leben mit all seinen Facetten, einfühlsam, originell und unsentimental erzählt.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/du-bist-nicht-allein