Schwarze Schafe (2006)

Die dunkel-lustige Seite Berlins

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Schrill, rotzig und anders, so präsentiert sich Oliver Rihs' Anarcho-Komödienklamauk Schwarze Schafe, der auf einigen Festivals wie Edinburgh, Solothurn und Hof bereits für einigen Wirbel gesorgt hatte. In sechs Episoden geht es unter anderem um den smarten, aber finanziell klammen Boris (Marc Hosemann), der gerade eben seiner Traumfrau begegnet ist, um Ali, Birol und Halil (Eralp Üzun, Oktay Özdemir, Richard Hanschmann), die um jeden Preis Sex haben wollen, am besten sofort, um die Fremdenführerin Charlotte (Julia Böwe) und ihren dauerbetrunkenen Künstlerfreund Peter (Milan Peschel), um Fred (Kirk Kirchberger) und Arnold (Daniel Zillmann), die sich nach Kräften bemühen, richtig fiese Satanisten zu werden und um die beiden Pseudo-Revolutionäre Brselin (Robert Stadlober) und Julian (Tom Schilling).

Eine Komödie über Drogen, Sex und Arbeitslosigkeit – das klingt zunächst ziemlich viel versprechend. "Das Las Vergas der Subkulturen", so nennt Oliver Rihs Berlin, wo der Schweizer Regisseur seit 1999 lebt und arbeitet. Fasziniert von der Vielfalt der deutschen Hauptstadt hat Rihs über Jahre hinweg Geschichten aus den Zeitungen gesammelt, die seiner Meinung nach typisch für Berlin sind: "Ich verliebte mich in ihre Schmuddeligkeit, ihre Faulheit, ihre Rotzigkeit, ihre Hässlichkeit ... in all das, was halt eine harmonische Liebesbeziehung letztendlich ausmacht", so bekennt der Filmemacher in einem Interview im Presseheft zu seinem anarchischen Stadtporträt, und genau das sieht man seinem Film auch an, ebenso wie die finanziellen Einschränkungen, denen Schwarze Schafe unterworfen war. Um sich nicht einschränken zu lassen, verzichteten Rihs und sein Kameramann und Produzent Olivier Kolb von vornherein darauf, Fördergelder zu beantragen, die eine Menge Kompromisse bedeutet hätten und setzten stattdessen auf anarchistischen Geist, den der Film dann – je nach Sichtweise- auch im Übermaß besitzt.

Der Film ist trashig, derb und voll absurdem Humor der drastischen Sorte, der auch mal auf Bereiche unterhalb der Gürtellinie abzielt – Provokation als Programm eben. Bei den Solothurner Filmtagen war das Publikum begeistert und tobte ob der dargestellten Absurditäten, und man weiß nicht so recht, ob das nun ein Lob für die Filmemacher oder ein Armutszeugnis für das Publikum ist. Ohne Zweifel gibt es einige gelungene Szenen, doch die Dauerprovokation mit jeder Menge Fäkalien und anderen Körpersekreten sowie weiteren gewollten und gesuchten Tabubrüchen wirkt dann etwas ermüdend und manchmal so spaßig wie misslungene Abiturientenstreiche. Wer eher feinsinnige und ein wenig durchdachte Filme bevorzugt, dem sei von diesem Werk jedenfalls dringend abgeraten.
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/schwarze-schafe-2006