Preußisch Gangstar

Über drei Jugendliche in Brandenburg

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

"Aus dem Osten in den Westen und wieder zurück, für euch vielleicht Scheiße, doch für mich das größte Glück Es gibt kein Ost, kein West, es gibt kein schwarz, kein weiß. Egal ob arm oder reich, wenn du die Wahrheit weißt." – Zeilen aus dem Hip-Hop-Song 1982 von Robert Ohde aka Nico, der mit seiner Band Preußisch Gangstar, eine der Hauptrollen in dem gleichnamigen Debütfilm von Irma-Kinga Stelmach und Bartosz Werner spielt. Preußisch Gangstar nennen sich die Jugendlichen im brandenburgischen Buckow, in deren Alltag und Milieu der Film Preußisch Gangstar einen authentischen Einblick gibt.
Im Mittelpunkt stehen neben Nico noch Oli (Mario Knofe) und Tino (Benjamin Succow) – drei Jugendliche, die ihre Probleme in der Schule, im Job, in der Liebe, teils mit Musik, teils mit Sport, aber auch mit Gewalt und Drogen lösen. Nico singt sich den Frust von der Seele, den Frust über Geldmangel und wenig Perspektiven. Tino ringt um den Hauptschulabschluss, den er wahrscheinlich wieder nicht schaffen wird und Oli ist mit seinem Job in der Dorfdisko alles andere als glücklich. Die drei Jungs sind fiktive Figuren, entstanden auf Grundlage von Interviews, die das Regieduo mit Jugendlichen, Eltern, Betreuern und Lehrer in Buckow geführt haben. Ihre Darsteller sind Laien, die in dem Millieu zu Hause sind und ihren Figuren damit einen Authentizität verleihen können, in die sich Schauspieler erst mühevoll hätten einarbeiten müssten.

Mario Knofe, der den Oli spielt, ist im Berliner Plattenbau-Bezirk Marzahn aufgewachsen und heute 21 Jahre alt. Als er elf war, haben sich seine Eltern entschlossen, nach Buckow zu ziehen. Mario hat eine Ausbildung als Veranstaltungskaufmann abgeschlossen und ist gerade auf der Suche nach einem Job. Der 25-jährige Robert Ohde aka Nico wurde in Strausberg geboren. 1989 sind seine Eltern mit ihm über Ungarn in den damaligen Westen geflüchtet. Inzwischen lebt er wieder in Strausberg, wo er seine Leidenschaft für den HipHop entdeckte. Robert hat einen Hauptschulabschluss und bis jetzt noch keine Lehre beendet. Benjamin Succow ist mit 19 Jahren der jüngste der drei Hauptdarsteller. Er wurde in Rüdersdorf geboren und ist in Buckow aufgewachsen, wo er noch heute lebt.

Im Mai dieses Jahres kam mit Prinzessinnenbad von Bettina Blümner ein Dokumentarfilm über den Teenageralltag von drei 15jährigen Mädchen in Berlin-Kreuzberg ins Kino. Beeindruckend war die Nähe, die Blümner zu den Mädchen aufgebaut hat. Auch Stelmach und Werner ist diese enge Beziehung zu ihren Darstellern im Film gelungen, in dem sie so porträtiert werden als handelt es sich um einen Dokumentarfilm. Sei es der lässig, coole Umgangston, die schlabbrigen Klamotten, die biederen Wohnstuben – all das durchdringt die Milieustudie und zeigt ein durchaus schonungsloses Bild einer Generation in der ostdeutschen Provinz. Frappierend ist die Hilflosigkeit der Eltern, ihren Kindern Halt und einen Platz in der heutigen Gesellschaft zu vermitteln. Wie wenig sie ihnen mit auf den Weg geben, ist beängstigend.

Preußisch Gangstar haftet eine Art Trostlosigkeit an, wie man es auch schon in Karger von Elke Hauck gespürt hat. Hartz V, Perspektivlosigkeit und Frustration sind Themen, die zwangsläufig für einen bitteren Beigeschmack sorgen. Um den Film zu mögen, sollte man sich auf diese Zutaten einlassen können, ansonsten hat man wenig Vergnügen damit.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/preussisch-gangstar